Künstler mit Haltung: Bundesverdienstkreuz für Anders Petersen
Am Dienstag hat Anders Petersen in Kiel das Bundesverdienstkreuz verliehen bekommen. Der Künstler hat sich immer wieder für seine Kolleginnen und Kollegen eingesetzt - und schon in der Auseinandersetzung mit seinem Nazi-Vater begriffen, dass man sich für die Demokratie engagieren muss.
Mit einem Spachtel bringt er einen knalligen Blauton Stück für Stück auf das Papier auf. Vielleicht ist es der Himmel. Darunter sieht man eine fast schwarze Fläche und in der Mitte ein Streifen in Orange-Gelb, vielleicht das Licht am Horizont. Anders Petersen malt nicht opulent, nicht laut. Seine Bilder wirken eher still, sehr still. "Meine Arbeit kennzeichnet, dass Reduktion eine ganz große Rolle spielt", so der Künstler.
"Er stärkt die Kulturszene im Ganzen"
"Anders Petersen ist zuerst ein exquisiter Künstler mit einer eigenen Bildsprache, mit einer eigenen Technik", sagt Stephanie Fricke, Leiterin der Drostei, des Kulturzentrums des Kreises Pinneberg. Fricke kennt den Künstler schon seit Jahren, hat mehrfach seine Kunst ausgestellt. "Er ist aber auch jemand, der die Kulturszene im Ganzen stärkt, weil er einfach so engagiert ist."
Petersen ist immer in Aktion für andere. Zum Beispiel für die Landesschau vor drei Jahren in der Drostei. Damals war er Vorsitzender des Bundesverbandes der Bildenden Künstlerinnen und Künstler Schleswig-Holstein und Vorstandmitglied des Landeskulturverbandes.
Petersen musste auf die Corona-Krise Antworten finden, Auftritts- und Ausstellungsmöglichkeiten und Finanzhilfen organisieren. Mit seinen Mitstreitern erreichte er aber noch viel mehr. "In der Zeit, als ich Vorsitzender war, haben wir im Verband initiieren können, dass die Ausstellungsvergütung von Landesseite eingeführt worden ist, die wir jetzt den teilnehmenden Künstler*innen auszahlen können", erklärt Petersen. "Das war über 40, 50 Jahre ein Wunsch der bildenden Künstler*innen."
Sein Vater zeichnete Mecki
Künstler, Kulturpreisträger, kulturpolitisch engagiert - wo kommt das her? Schon als Kind hat Petersen viel gezeichnet. Als Sohn des Mecki-Malers Wilhelm Petersen hatte er alle Freiheiten und einen eigenen Arbeitsplatz. "Es war total klasse, einen Vater zu haben, der Comiczeichner war", erinnert sich der Sohn. "Die ersten Irritationen entstanden Anfang der 70er-Jahre. Da war ich zehn oder elf und erlebte meinen Vater, wie er vormittags hier vorm Fernseher saß und auf unseren Bundeskanzler schimpfte."
Der kleine Anders versteht nach und nach: Sein Vater ist gegen die Entstpannungspolitik der von Willy Brandt geführten sozial-liberalen Koalition. Das schärft seinen Blick. Später erfährt er: Der Vater war bei der Waffen-SS als sogenannter Kriegsberichter, malte für Hermann Göring und andere Nazi-Größen. "Ich habe irgendwann begriffen, dass er ein Rassist war", so Petersen. "Und dass er bis zu seinem Tod ein Antisemit war."
Anti-AKW-Protest: Mit dem Parka nach Brokdorf
Petersen wird Parka-Träger, demonstriert in Brokdorf gegen das AKW, wird Schulsprecher, macht die Schülerzeitung. Von da an gibt es häufiger Auseinandersetzungen zuhause. "Ich habe damals begriffen, was Demokratie auszeichnet", so der Künstler, welche Verantwortung man als Menschen in einem Staatswesen habe. "Ich habe begriffen, dass man sich engagieren muss."
Nach dem Tod seiner Eltern macht Petersen aus seinem Elternhaus in Elmshorn ein offenes Haus. Wo früher Devotionalien aus dem Zweiten Weltkrieg an den Wänden hingen, stellt er heute moderne Kunst aus. Seine eigene, aber auch die von Freundinnen und Freunden. Jetzt hängen hier zum Beispiel Keramikplatten der Künstlerin Britta Hansen. Sie zeigen Hasen auf einem Sofa, drumherum bunte Punkte. "Ein deutlicheres Zeichen, als dieses Haus als einen Ort für freie Kunst, freie Meinung und Austausch umzudeuten, kann er ja eigentlich nicht setzen", findet Drostei-Chefin Fricke.
Solidarität, Wertschätzung und Dialog sind Anders Petersen wichtig. Dafür engagiert er sich ehrenamtlich - und für diesen Einsatz ist der Künstler am Dienstag mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet worden.