Spielmuseum Soltau: Die wahre Bedeutung von Spielzeug wiederentdecken
Die Winterschlaf-ähnliche Phase eignet sich besonders gut, mal wieder ins Museum zu gehen. Das Spielmuseum in Soltau widmet sich seit 40 Jahren Spielzeugen aus der ganzen Welt und aus verschiedenen Epochen.
In Soltaus Mitte befindet sich seit 40 Jahren in einem prägnanten Haus stolz das Spielmuseum. Eine Stiftung beherbergt hier private Sammlungen und Spenden von Spielzeug aus aller Welt und Zeit. Betreiber ist die Familie Ernst. Aber die heißt nur so - eigentlich sind hier alle stets fröhlich gestimmt. Das Ehepaar Antje und Matthias Ernst macht das hier aus nämlich Leidenschaft. "Wir sind ehrenamtlich Arbeitende für die Stiftung und versuchen, das Familienlebenswerk weiterzuführen", erklärt Matthias Ernst.
"Ich sehe was, was du nicht siehst" im Spielmuseum Soltau
Stolz sind sie zum Beispiel auf das Dingley-Haus: eine originale Puppenstube aus London von 1875. Hier gibt es was zu gucken. "Das stimmt! Da kann man auch schön spielen: 'Ich sehe was, was du nicht siehst'", sagt Antje Ernst.
52 kleine und kleinste Puppen, 15 Räume und mehr als 1.000 Zubehörteile: Es konnte mithilfe von Spenden ersteigert werden und kostete so viel wie eine echte kleine Eigentumswohnung. "Es ist ein Eigenbau, zusammengesetzt aus zwei Bücherregalen, der ab 1875 über Jahre hinweg entstanden ist und zusammengestellt, eingerichtet und dokumentiert wurde von zwei Jungen", erzählt Antje Ernst.
Puppen als Spiegelbild unserer selbst
Durchaus erhellend ist der Blick in die Spielwelten von damals. "Fleisch oder Gemüse" war schon damals ein Thema - ebenso wie das Puppenspiel in Sachen Rollenfindung. "Ich glaube, das Spannende an Puppen ist: Das sind unsere Spiegelbilder. Sie sagen immer auch etwas über uns selbst aus. Welche Puppe gefällt uns? Welche sorgt vielleicht für Schrecken oder Angst? Wie sind die Puppen gekleidet? Das ist schon ein sehr faszinierender Bereich", findet Matthias Ernst.
In Soltau dreht es sich um und durch die gesamte Spielzeuggeschichte. Gesamtdeutsch findet sich hier der DDR-Lampenladen sowie die Süßwarenbude aus Westdeutschland. Es ist rechtschaffen gemütlich in Soltau, aber es fehlt so gut wie nichts. Die Lego-Ecke offenbart sogar kleine Versteckspielchen berühmter Musiker der 1960er-Jahre. Wer genug vom Gucken hat, darf auch selbst bauen. Die Steinchen-Kiste ist immer da, unabhängig vom Alter.
Spiel als Grundlage für ein gelungenes Miteinander
Ein Raum ist nochmal besonders nahbar, wenn man so will: Er zeigt das Spielzeug der Familie von Lichtenfels, deren zugegeben wohlhabende Kinderstube von 1770 bis 1840 komplett in Soltau ist. "Die Familienbilder hier zeigen Kinder, die mit den Spielzeugen, die hier ausgestellt sind, gespielt haben. Da kann man sich gut hineinversetzen und wünscht sich oft, dass die noch viel mehr erzählen könnten", sagt Antje Ernst.
Das neueste Spielzeug ist eine Burg - aus dem 16.Jahrhundert? Sie sieht so aus, ist aber ein Großvaterprojekt von 2022: Betonröhren, Dübel, Küchenrollen, Diarahmen, kaputte Einkaufskästen. Als Inspiration dafür, "dass man selber etwas schafft und guckt: Was kann ich aus dem, was ich habe, was ich finde, fantasievolles Neues machen?", erzählt Antje Ernst.
Derzeit sind hier Murmelwochen. Da kann man fast nicht mitspielen. "Spiel ist die Grundlage fürs sich miteinander Verständigen, aber auch für Erfindungen, fürs Lösungfinden, für Kreativität - egal, ob technisch oder ästhetisch - und für ein gelungenes Miteinander. Das muss man am Leben halten", findet Antje Ernst. Die wahre Bedeutung von Spielzeug hat man als Großer vielleicht vergessen - in Soltau aber erfährt man ein bisschen davon wieder.