Kunstwerk von Andrea Pichl konserviert ostdeutsche Vergangenheit
Drei Jahre lang war die Rostocker Kunsthalle geschlossen. Jetzt sind wieder rund 250 Werke von mehr als 100 Künstlerinnen und Künstlern zu sehen. Ein neues Werk steht aber draußen - eine Außeninstallation von Andrea Pichl.
Zwischen dem regen Verkehrstreiben auf der Hamburger Straße und dem idyllisch gelegenen Schaudepot der Rostocker Kunsthalle steht Andrea Pichl. Die gebürtige Sachsen-Anhalterin blickt auf ihre Außeninstallation mit dem Titel "Kiosk - Fragmente einer Zeit". "Ich bin total stolz. Ich freue mich sehr, dass das genau so passiert und geklappt hat, wie wir das die ganze Zeit geplant haben. Man hält es gar nicht für möglich", sagt sie.
DDR-Kiosk in Originalgröße
Doch nun steht es, das vier mal drei Meter große und gut zweieinhalb Meter hohe Metallobjekt in der Gestalt eines Kiosks des Postzeitungsvertriebes der DDR. "Die genauen Maße habe ich einem DDR-Museum auf Usedom abgenommen", erzählt Pichl. "Ansonsten habe ich keinen finden können."
Die Idee für dieses Kunstobjekt hat direkt mit dem Umbau der Kunsthalle zu tun, sagt deren Leiter Jörg-Uwe Neumann: "Kurz vor der Sanierung wurde klar, dass einige Bauteile des Hauses nicht wieder verwendet werden nach der Sanierung, weil sie keine Bedeutung mehr haben. Ich fand das sehr schade. Ich kannte Andrea Pichl durch das Palast der Republik-Projekt, wusste, dass sie mit Versatzstücken der Architektur der DDR arbeitet und habe sie angesprochen. Sie war von Anfang an begeistert."
Konservierte Vergangenheit der Kunsthalle Rostock
Fast drei Jahre recherchierte die heute 59-Jährige über die Geschichte der Rostocker Kunsthalle. Andrea Pichl, die heute in Berlin lebt, verbaute zum Beispiel die Gitter aus dem einstigen Gemäldedepot und auch der Eingang besteht aus einem ausrangierten Stück: "Die Tür, die zum ehemaligen Lüftungsschacht führte, sieht eigentlich aus wie eine Schiffstür. Es sind alles Originalsachen aus der Kunsthalle - sozusagen ist die Vergangenheit konserviert."
Jörg-Uwe Neumann kennt an dem Kunstwerk jedes Teil. Mit ihnen verbindet er gute und weniger gute Erinnerungen: "Die Gitter zum Beispiel vor den Fenstern fand ich schon immer etwas gruselig, gebe ich zu. Das hat immer ein bisschen einen eingesperrten Charakter. Ich bin froh, dass sie weg sind, aber dafür vor dem Haus in einem Kunstwerk zu sehen sind."
DDR als Thema in der Kunst von Andrea Pichl
Andrea Pichl ist bekannt dafür, dass sie sich künstlerisch mit der DDR auseinandersetzt. Vor der Schließung der Kunsthalle war bereits eines ihrer Werke in Rostock zu sehen. "Weilweilweil" heißt die ein mal zwei Meter große Nachbildung des Palastes der Republik - gefertigt aus Kassetten von Musikern aus dem DDR-Untergrund.
In Berlin kuratierte sie im vergangenen Jahr eine Ausstellung: "Worin unsere Stärke besteht - 50 Künstlerinnen aus der DDR", so der Name. An diese Tradition lehnt sich auch der Kiosk an: "Dieser Zeitungskiosk, den gibt es nicht mehr im Stadtbild und so wird diese ganze DDR-Vergangenheit platt gemacht", erklärt Pichl. "Deshalb habe ich auch diese Ausstellung kuratiert, weil Künstlerinnen aus der DDR gar nicht ausgestellt werden. Sie tauchen nicht in der Venedig-Biennale auf. Alle Dinge, die mit der DDR zusammenhängen, werden einfach negiert."
Unterstützung durch Rostocker Handwerksfirmen
Andrea Pichls Installation soll dauerhaft vor der Kunsthalle stehen. Doch noch ist sie nicht ganz vollendet: "Da fehlt noch, dass der Schacht zugemacht wird und Gehwegplatten drum herum kommen, dass es wie auf einem Sockel steht - und dann Licht. Dann wird das Ganze noch goldfarben pulverbeschichtet. So hebt es sich zu der Fassade dahinter vom Schaudepot ab."
Viele Rostocker Handwerksfirmen haben geholfen: Die Grundplatte wurde gegossen, die Gitter verzinkt und die Teile verschweißt. Am Freitag soll das an einen DDR-Kiosk erinnernde Werk von Andrea Pichl im goldenen Lichterspiel erstrahlen.