Comiczeichnerin Wiebke Bolduan zieht ins Mare-Künstlerhaus
Ab Sonntag wird das Mare-Künstlerhaus in Wentorf drei Residenz-Stipendiaten der Hamburger Behörde für Kultur und Medien für vier Wochen beherbergen. Unter ihnen ist auch die Hamburger Comiczeichnerin Wiebke Bolduan.
"Packen reicht eigentlich einen Tag vorher": Wiebke Bolduan wirkt sehr entspannt. Ihr kleiner Hund liegt auf dem Bett und spitzt die Ohren. Mit verknoteten Beinen sitzt die 29-Jährige auf ihrem Arbeitsstuhl vor ihrem Schreibtisch, darauf eine breite Tischstaffelei mit ihrem Zeichenpad. Das kommt natürlich mit, wie auch ein paar Stifte.
Wiebke Bolduan: Voller Fokus auf neues Comic-Projekt
"Eigentlich sind meine Materialien ziemlich simpel. Ich nehme meinen Füller mit, einen Bleistift und ein Radiergummi. Das reicht eigentlich schon", sagt Bolduan. Mit ihrer ersten Graphic Novel "Viktoria Aal" hat sie Anfang des Jahres ein viel beachtetes Debüt hingelegt. Nun soll das nächste Buch folgen. Umso mehr freut sich die Zeichnerin über das Residenz-Stipendium.
Sie weiß auch schon, wie sie die vier Wochen nutzen möchte: "Auf jeden Fall, dass ich sehr viel Zeit und Ruhe habe, um mich auf das neue Comic-Projekt zu fokussieren, an dem ich arbeite, - und vielleicht, dass ich andere Aufgaben dabei pausieren kann, um Fokus darauf zu haben."
Autismus-Diagnose als Ausgangspunkt der Geschichte
Die Geschichte steht bereits im Kopf. Einen Verlag gibt es auch schon - wie schon bei "Viktoria Aal" wird es Reprodukt sein. Die neue Geschichte wird auch mit Wasser zu tun haben, so viel sei verraten, aber sonst wird es nicht viele große Ähnlichkeiten geben, erzählt Bolduan: "Ich bin noch dabei, die Geschichte festzuzurren. Es wird immer konkreter. Aber Ausgangspunkt ist, dass ich meine Autismus-Diagnose darin verarbeiten möchte - oder diesen verwirrenden Weg dorthin. Das ist die Motivation dafür gewesen."
Einen Monat rauskommen, abtauchen in die Welt des neuen Projektes und sich vier Wochen mal keine Geldsorgen machen müssen: ein kleiner Luxus, den sich nicht viele Zeichnerinnen und Zeichner leisten können - denn auch der Alltag muss gewuppt werden. Die Absolventin der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg weiß, wie wertvoll eine solche Residenz also sein kann: "Der Ortswechsel wird etwas mit mir machen - und auch die anderen Leute, die ich da treffe: Ein bisschen Bewegung im Kopf, ein Durchpusten von allem. Das ist ganz gut im Arbeitsprozess."
Förderung ist essentiell für Literaturschaffende
Für Wiebke Bolduan ist es die erste Künstlerresidenz. Auch sie findet, dass diese Form der Unterstützung für Autoren - egal ob sie schreiben oder zeichnen - nicht nur hilfreich, sogar notwendig ist: "Wenn man auf Dauer Bücher oder Comics machen möchte, kommt man gar nicht drumherum, an Förderungen zu gelangen. Das ist essentiell wichtig."
Nur die wenigsten Comic-Künstler können allein von ihren Büchern leben. Schließlich kann eine Graphic Novel schon mal über ein Jahr in der Umsetzung dauern. So werden die vier Wochen im Mare-Künstlerhaus in Wentorf nicht nur eine Abwechslung für Wiebke Bolduan sein, sondern auch eine große Chance - künstlerisch wie persönlich: "Ich glaube, ich bin zufrieden, wenn ich das Gefühl habe, ich habe meinen Rhythmus dort gefunden und ich konnte das gut für mich nutzen", sagt Bolduan. "Es muss auf keinen Fall alles glatt laufen und es wird auf jeden Fall herausfordernd, allein schon deswegen, weil ich den Ort wechsle, in einer anderen Gegend bin und alles ein bisschen anders ist, als ich es gewohnt bin. Aber wenn ich das meistere, ist es schon ein Erfolg gewesen."
Am 15. September geht es wieder zurück in die eigenen vier Wände. Dann ist aber mehr als nur Füller, Zeichenpad und Tischstaffelei im Gepäck dabei. Dann gibt es neben neuen Zeichnungen auch neue Eindrücke und Erlebnisse.