"Suzume": Bildgewaltiger Anime über Verlustbewältigung
Der Anime "Suzume" thematisiert Japans größte Tragödie der Neuzeit: die atomare Katastrophe in Fukushima, mit überwältigenden Bildern und Liebe zum Detail. Er ist für einen Golden Globe nominiert: als bester Animationsfilm.
Es hat über zehn Jahre gedauert, bis Makoto Shinkai sich getraut hat, einen Film zu machen, der ganz offen von den Wunden der japanischen Gesellschaft erzählt: den Folgen der Tsunami-Katastrophe 2011. In seinem letzten Film "Your Name" konnte der japanische Anime-Regisseur nur über die Metapher eines Meteoritensturms von den Folgen von Fukushima erzählen. In seinem neusten Werk gelingt die generationenübergreifende Erinnerung anhand des 17-jährigen Mädchens Suzume, eine Waise, die ihre Mutter beim Erdbeben verloren hat und bei ihrer Tante groß wird. Auf dem Weg zur Schule trifft sie eines Tages einen mysteriösen Fremden, einen gutaussehenden jungen Mann, der sie fasziniert:
"Hey du. Sag mal, gibt es hier in der Gegend eine verlassene Stadt?"
"Verlassene Stadt?"
"Ich suche nach einer Tür."
"Naja, es gibt ein kleines Dorf, das unbewohnt ist. Auf dem Berg, dort drüben."
"Verstehe. Herzlichen Dank."
Filmszene
Suzume folgt ihm heimlich, entdeckt in den alten Ruinen des verfallenen Dorfes nicht nur ihn, sondern auch eine geheimnisvolle Tür, durch die sie in ihre früheren Erinnerungen blicken kann. Das unbedachte Öffnen hat für alle Folgen. Suzume hat durch das Öffnen der Tür einen gigantischen Wurm freigesetzt, der Erdbeben auslösen kann. Souta, der mysteriöse Mann, verwandelt sich in einen dreibeinigen Kinderstuhl. Gemeinsam müssen die beiden, Suzume und Souta in Form des Stuhls, durch Japan reisen, einer Gotteskatze folgend, die sie zum Ursprung des Wurmes bringt.
Ein lehrreicher Roadtrip
Suzume ist dabei mehr als eine minderjährige Heldin, die während dieses Roadtrips über sich selbst hinauswachsen muss. Sie steht für eine ganze Generation traumatisierter Kinder, so Makoto Shinkai: "Suzume steht stellvertretend für all die Kinder, die im Erdbeben ihre Eltern verloren haben. Suzumes Geschichte, ihre Reise, ist sehr traurig und schwer. Ich wollte einen unterhaltenden Gegenpart an ihre Seite stellen. Etwas, dass die Stimmung ein bisschen auflockert. Ein Stuhl mit drei Beinen. Das ist erstmal lustig, denn ein dreibeiniger Stuhl bewegt sich komisch. Aber es steckt mehr dahinter, denn der Stuhl wurde vom Tsunami mitgerissen und hat ein Bein verloren. Es ist aber auch eine Metapher auf die Seele von Suzume. Das fehlende Stuhlbein steht stellvertretend für ihre Mutter, die sie verloren hat. Sie lernt aber: Selbst wenn man etwas im Leben verloren hat, kann man weiterleben, weiterlachen, sich sogar verlieben."
"Suzume": Ein Film wie eine Naturgewalt
Makoto Shinkai erzählt mit überwältigenden Bildern und mit einer hingebungsvollen Liebe zum Detail. Der Moment des ersten Aufeinandertreffens von Suzume und Souta ist genauso magisch aufgeladen wie der Versuch, die einzelnen Türen zu schließen. Die Animation spielt mit Licht und Schatten, mit Dunkel und Hell, mit intensiven Farben. Der emotionale Kern der Geschichte ist der traumatische Verlust der Mutter. "Suzume" vereint Fantasy mit der klassischen Coming-of-Age-Geschichte, Verlustbewältigung mit Traumaaufarbeitung. Ein Film, der selbst wie eine Naturgewalt daherkommt.
Suzume
- Genre:
- Anime
- Produktionsjahr:
- 2022
- Produktionsland:
- Japan
- Regie:
- Makoto Shinkai
- Länge:
- 122 Minuten
- FSK:
- ab 12 Jahre
- Kinostart:
- ab 13. April 2023