"Sonntagskind": Doku über Schriftstellerin Helga Schubert
Helga Schubert, gefeierte Autorin und Bachmann-Preisträgerin, ist am 1. Oktober mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt worden. Die Doku "Sonntagskind" des NDR porträtiert sie als starke und liebenswerte Frau - zu sehen in der ARD Mediathek.
In den vergangenen Jahren hat Helga Schubert mit den Büchern "Vom Aufstehen. Ein Leben in Geschichten" 2021 und "Der heutige Tag. Ein Stundenbuch der Liebe" 2023 sowie mit ihrer persönlichen Annäherung an ihren Lieblingsschriftsteller in "Helga Schubert über Anton Tschechow" für Aufsehen gesorgt. Nun hat Regisseur Jörg Herrmann einen Film über die Autorin gedreht. Am 18. November feiert "Sonntagskind. Die Schriftstellerin Helga Schubert" auf dem Kasseler Dokfest ein Dokumentarfilm über die Schriftstellerin seine Weltpremiere.
Ich bin jetzt 82 Jahre, bin sehr schreiberfahren und brauche das Schreiben aber immer noch sehr. Weil ich jetzt einfach kleine Kunstwerke schaffen will. Und die müssen meinen Ansprüchen an Literatur entsprechen. Nichts darf zufällig sein. Ausschnitt aus "Sonntagskind"
Im Mittelpunkt des Films "Sonntagskind" steht eine lebensbejahende, taffe, selbstbewusste Frau jenseits der 80. Der Rostocker Regisseur Jörg Herrmann hat Helga Schubert 2022 knapp acht Monate lang mit der Kamera begleitet:
"Sie ist eine offene Frau, erzählt gern und erzählt auch viel. Sie hat immer viel zu erzählen. Das macht sie sehr eloquent. Da ist eher das Problem, den Redefluss zu stoppen, damit ich auch zu den Fragen, die ich dann tatsächlich im Film beantwortet haben wollte, auch die Antworten bekomme", berichtet Jörg Herrmann über die Arbeit mit der Schriftstellerin.
Sarah Kirsch ermutigt Helga Schubert zum Schreiben
Und so erfährt der Zuschauer beispielsweise, wie Helga Schubert, die zunächst als Psychologin in Berlin arbeitete, mit der Hilfe der Schriftstellerin Sarah Kirsch zum Schreiben kam:
Sarah Kirsch fragte, haben Sie eine Telefonnummer, und dann hat sie mich am Abend angerufen und hat gesagt: Ich wollte Ihnen mal sagen, es ist für sie verlorene Zeit, an einem Zirkel teilzunehmen. Wenn sie davon noch mehr haben, dann bringe ich das zum Aufbau Verlag. Also hat sie es zu ihrem Lektor gebracht, Wolfgang Trampe. Und er hat gesagt ja, aber nur, wenn sie das Nachwort schreiben zu ihr. Und dann hat sie gesagt: Ja, das mache ich. Und dann ist dieses erste Buch "Lauter Leben" entstanden. 1975 ist das gewesen. Ja, es war für mich eine sehr große Ermutigung durch die Sarah Kirsch. Ausschnitt aus "Sonntagskind"
"Das verbotene Zimmer" erscheint nur in der BRD
Es folgten unter anderem Kinderbücher und das Szenarium zum DEFA-Film "Die Beunruhigung". Hier verarbeitet Helga Schubert ihre eigene Krebserkrankung in dem Spielfilm von 1982 mit Christine Schorn in der Hauptrolle. Dann kam das Buch "Das verbotene Zimmer" - das durfte allerdings nicht in der DDR erscheinen:
Wir hatten ja seit 1975 hier schon dieses Haus. Das hatte uns ja Christa Wolf vermittelt. Und da war ihre Lektorin da, ihre Lektorin im Luchterhand Verlag, und die hörte das. Die kam hier rüber zu mir und sagte, ich lese das halt durch und sie hat gesagt ja, das findet sie gut, dieses Buch. Wenn Sie das auf irgendeine Weise offiziell schaffen, dass sie von der DDR offiziell die Erlaubnis bekommen, dann machen wir das Buch bei Luchterhand. Das Urheberrechtsbüro, mit dem konnte man handeln. Die haben gesagt gut, dann werden Sie die erste Schriftstellerin sein, die nur die Westrechte verkauft. Dann kriegen wir die Devisen. Sie kriegen es eins zu eins in die DDR-Währung, und dann machen sie sich nicht strafbar. Und dann dürfen Sie auch eine Lesereise machen. Ausschnitt aus "Sonntagskind"
Ausgiebige Telefonate mit Regisseur Jörg Herrmann
Regisseur Jörg Herrmann lässt Helga Schubert in ruhiger Erzählweise ihr Leben Revue passieren. Bevor die Kamera lief, gab es zwischen beiden ausführliche Telefonate: "Da haben wir jede Woche immer am Freitag ein Telefongespräch gemacht. Das Gespräch dauerte in der Regel zwischen anderthalb und zweieinhalb Stunden. Von daher hatte ich von ihr tatsächlich sehr viele Informationen und wusste relativ gut Bescheid über das, was sie erzählen möchte. Da konnte ich sehr gut das Drehbuch erarbeiten. Dementsprechend war ich bei den richtigen Dreharbeiten gut vorbereitet, sodass ich wusste, wonach ich dann noch mal nachfragen muss", erzählt Herrmann.
Ehemann und Sohn kommen im Film zu Wort
Helga Schubert prägt diesen Film. Aber auch ihr Ehemann, den sie zu Hause in Neu Meteln bei Schwerin pflegt, und ihr Sohn kommen zu Wort. Auch wichtige Wegbegleiter wie der inzwischen verstorbenen Kameramann Thomas Plenert, der SPD-Politiker Markus Meckel und die Literaturkritikerin Insa Wilke, die Helga Schubert 2020 zum Ingeborg-Bachmann-Literaturwettbewerb eingeladen hatte, erzählen im Film über die Autorin.
Filmtitel "Sonntagskind" stammt von Helga Schubert
Die Anregung für den Filmtitel kam, so Jörg Herrmann, ganz zum Schluss und von Helga Schubert selbst: "Der Titel kam zum Schluss. Das war tatsächlich schwierig. Der kam tatsächlich letztendlich auch auf Anregung von ihr. Da hatte sie mehrere Vorschläge gemacht und unter anderem auch "Das Sonntagskind". Ich hätte sonst wahrscheinlich einen anderen Titel gemacht. Aber zum einen muss der Titel auch ein Publikum ins Kino holen, das nur den Titel liest und ansonsten nichts weiß. Zweitens soll er mit dem Film auch was zu tun haben. Das passte beides ganz gut, glaube ich", meint der Regisseur.
"Sonntagskind" ist ein beglückendes Porträt über eine starke, liebenswerte Frau, einen Familienmensch, eine leidenschaftliche Schreiberin - eine filmische Liebeserklärung an Helga Schubert.
Sonntagskind - Die Schriftstellerin Helga Schubert
- Genre:
- Dokumentation
- Produktionsjahr:
- 2023
- Produktionsland:
- Deutschland
- Regie:
- Jörg Herrmann
- Länge:
- 92 min
- FSK:
- ab 12 Jahre
- Kinostart:
- 11.01.2024