Margot Käßmann über "Die Passion" bei RTL: "Eine gute Form"
Zum zweiten Mal hat RTL die Passion Christi in einer deutschen Großstadt live erzählt und versucht die biblische Geschichte mit modernen Popsongs in die Gegenwart zu holen. Was sagen die christlichen Kirchen dazu? Ein Gespräch mit Margot Käßmann.
Das TV-Spektakel mögen einige gut finden, andere für Klamauk halten, aber was sagen die christlichen Kirchen dazu? Ein Gespräch mit Margot Käßmann, Theologin und ehemalige Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages.
Sie haben sich "Die Passion" auf RTL angesehen, was sagen Sie?
Margot Käßmann: Ich muss sagen, ich fand das eine gute Form der Erzählung in einer neuen Version, aber es ist die alte Geschichte von Jesus, vom Leiden, von der Passion und ganz zum Schluss auch dieser Schimmer hin nach Ostern. Im Grunde ist das eine Umsetzung, wie es sie auch schon mit Musicals wie "Jesus Christ Superstar" gab.
Da scheint es ja eine positive Haltung zu geben. Monsignore Georg Austen, Generalsekretär des Bonifatiuswerks der deutschen Katholiken, hat gesagt, es sei auch eine Möglichkeit mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Wo sehen Sie da die Möglichkeit zur Anknüpfung?
Käßmann: Ich finde, dass Hannes Jaenicke als Erzähler das zwischendurch immer wieder gut formuliert hat, wie ich es schon bei anderen Passionsspielen mit ihm erlebt habe. Dass er zum Beispiel sagt: "Jeder von uns hat sein Kreuz zu tragen". Oder: "Was ist ihre Geschichte, welchen Lebenslauf haben sie erlebt?". Er hat versucht die Geschichte von Leid, Verrat, und auch Freundschaft und Hoffnung sehr persönlich bei den Menschen anzuknüpfen. Deshalb kann ich mir vorstellen, dass das auch in Gemeinden, oder wie das auch der Pater gesagt hat, im persönlichen Gespräch ein guter Anknüpfungspunkt ist. Viele Menschen in Deutschland kennen die Geschichte ja gar nicht mehr. Es ist gut, wenn sie weiter erzählt wird.
Wie finden Sie den die Umsetzung, wenn Jesus im orangenen Sträflings-Anzug von Polizisten in deutschen Polizeiuniformen abgeführt wird: gut, oder vielleicht auch ein bisschen platt?
Käßmann: Sie müssen die deutsche Polizei fragen, was sie dazu sagt. Es ist eine Übersetzung. Die Geschichte ist 2.000 Jahre alt und sie wird immer wieder neu erzählt. Jesus hatte so eine Guantanamo-Häftlings-Anmutung gehabt, finde ich. Es ist immer wieder die aktuelle Geschichte, und wissen Sie, wenn ich am Karfreitag oder Ostern predige, dann versuch ich das ja auch, diese alte Geschichte mit den Menschen und ihrem Leben heute in Verbindung zu bringen - und ich finde das ist gut gelungen. Sie haben ja auch gegen den Strich gebürstet, Ben Blümel sieht jetzt nicht so aus, wie man sich einen Jesus vorstellt, hager und mit langen dunklen Haaren. Sie versuchen es in unsere Zeit hineinzunehmen - mitsamt der ganzen Stadt Kassel und dem Herkules.
Gibt es denn was, was sie kritisch sehen?
Käßmann: Ich persönlich muss sagen, mir hat das gefallen - auch die Einspielung von Popsongs. Mein Partner fand das nicht so gut, weil er sagte, das hat für ihn nicht gepasst. Wenn man natürlich die Matthäus-Passion oder die Johannes-Passion von Bach mag, dann ist das ein Gegensatz, aber ich persönlich finde, das war gut in unsere Zeit hinein erzählt.
Glauben Sie, dass die Werte, die die Passion Christi vermitteln möchte: Frieden, Nächstenliebe, Zusammenhalt - über so ein Spektakel wirklich die Zuschauerinnen und Zuschauer erreicht oder nehmen die einfach nur die Geschichte so mit?
Ich denke, dass gerade der Erzählton von Hannes Jaenicke uns mit in die Geschichte hineinnimmt und sagt: das ist unsere Geschichte, dieses Ertragen von Leid - das sehen wir jeden Tag im Fernsehen. Da ist ja immer die Frage, wo ist Gott in diesem Leid: Jedenfalls wenn wir gläubige Menschen sind. Dann zu sagen, Gott kann das Leid in dieser Welt nicht verhindern, aber Gott kann dir die Kraft geben, diesen Hoffnungsschimmer, dass es anders werden kann und dass der Tod nicht das letzte Wort hat. Ich denke tatsächlich, das ist ausgesagt worden. Ich glaube auch, dass Menschen dort anknüpfen können - gerade, weil viele im Moment so viele vor der Zukunft Angst haben und wie es weitergehen soll.
Das Gespräch führte Franziska von Busse.