Kriegs-Drama "Civil War" von Alex Garland: Verstörende Zukunftsvision
In "Civil War" entwirft der Brite Alex Garland das beängstigende Szenario eines Bürgerkriegs, der in einigen Jahren in den USA toben könnte. Ein hammerharter, unbedingt sehenswerter Film mit einer brillanten Kirsten Dunst.
Es ist nicht klar, welche politischen Positionen sich hier gegenüberstehen, nur dass die USA in einem neuen Sezessionskrieg stecken. Das Land ist im Chaos versunken; Kalifornien und Texas wollen als vereinte "Western Forces" einen Präsidenten stürzen, der sich eine dritte Amtszeit erputscht hat und dem Volk Siegesgewissheit nur noch vorgaukelt.
Die Grausamkeit des Krieges
Der Kriegspropaganda mit neutraler Berichterstattung zu begegnen, ist die Aufgabe von Kriegsreportern wie Lee und Joel, aus deren Perspektive der Film erzählt wird. Kirsten Dunst spielt die abgebrühte Fotografin Lee, die sich mit dem Kollegen im gepanzerten Wagen nach Washington D.C. durchschlagen will - für ein Präsidenten-Interview. Ein 850-Meilen-Höllentrip, weil auch Pressevertreter längst nicht mehr sicher sind vor den marodierenden Banden, die so ein Bürgerkrieg hervorbringt. Und dann hat Joel sich auch noch breitschlagen lassen, eine junge Nachwuchsfotografin mitzunehmen, Jessie.
"Lee, dass ich mich einfach ins Auto gedrängt habe - ich weiß, Du bist deswegen ziemlich sauer auf mich. In Deinen Augen hab' ich keine Ahnung."
"Du kannst es drehen und wenden, wie Du willst. Es ist ein Fehler."
"War meine Entscheidung."
"Ganz klar. Und daran werde ich auch denken, wenn Du durchdrehst, in die Luft gesprengt wirst oder erschossen."
Filmszene
Lees harte Schale ist ein Schutzpanzer, den man sich zulegen muss, wenn man wie sie unvorstellbare Gräuel gesehen hat. Emotionen zeigt sie nicht mehr. Auf keinen Fall will sie die mütterliche Mentorin für Jessie geben, macht sich dann aber doch Sorgen um das Mädchen, das beim Fotografieren Zeugin willkürlicher Hinrichtungen wird.
Mit der Grausamkeit des Krieges werden wir alle täglich in den Nachrichten konfrontiert - allerdings in mehr oder weniger entfernten Gegenden. Auf dem Boden der USA aber wirken die Bilder schier unfassbar!
Kein Konflikt zwischen Demokraten und Republikanern
Regisseur Alex Garland hat vor zehn Jahren schon in "Ex Machina" die nun akut werdenden Probleme der Menschheit mit der KI vorausgesehen. Am Drehbuch zu "Civil War" begann er 2020 zu schreiben - da hatte der Sturm aufs Kapitol noch gar nicht stattgefunden; beinahe hätte die Realität seine Fiktion überholt.
Auf den real existierenden Konflikt zwischen Demokraten und Republikanern bezieht sich sein Kriegs-Road Movie bewusst nicht. Das ist wichtig, weil man Garland damit keine Parteinahme vorwerfen kann. Er will dem Publikum jedweder politischen Couleur vor Augen führen, wohin auch westliche Demokratien abdriften könnten, wenn ihnen die Idee einer geeinten Nation abhanden kommt, weil die Positionen zu unversöhnlich geworden sind.
"Civil War": Unbedingt sehenswert
"Civil War" ist ein hammerharter Film, weil er sich nicht als dystopische Fantasie lesen lässt. Die Bilder, die immer wieder kurz zu Reporter-Fotos eingefroren werden, sind zu realistisch: verrohte Soldaten, erhängte Opfer, New York City ein Bombentrümmerhaufen wie Mariupol oder Gaza Stadt.
Handwerklich ist dieses Kriegsdrama so gut gemacht wie die großen Vorbilder des Genres. Wobei diese - wie Garland zu Bedenken gibt - auch immer Gefahr liefen, die "Gewalt als Sensation" darzustellen. In "Civil War" kann davon keine Rede sein. Nichts an diesem Horror-Szenario fasziniert, alles verstört an der Vorstellung von Krieg und Gewalt in nächster Nähe. Und doch lohnt es sich unbedingt, diesen Film zu sehen - als eindringliche Warnung.
Civil War
- Genre:
- Thriller, Action, Drama
- Produktionsjahr:
- 2024
- Produktionsland:
- USA, Vereinigtes Königreich
- Zusatzinfo:
- Mit Kirsten Dunst, Wagner Moura, Cailee Spaeny u.a.
- Regie:
- Alex Garland
- Länge:
- 109 Minuten
- FSK:
- ab 16 Jahre
- Kinostart:
- 18. April 2024