Szene aus dem Film "Samia" © Weltkino Filmverleih

Drama "Samia" im Kino: Das tragische Schicksal einer Kämpferin

Stand: 16.09.2024 06:00 Uhr

"Samia" ist die Geschichte der somalischen Läuferin Samia Yusuf Omar, die 2008 als einzige Athletin ihres Landes im 200-Meter-Rennen bei Olympia antrat und 2012 auf einem Flüchtlingsboot im Mittelmeer ertrank.

von Bettina Peulecke

Der Beginn des Films ist der Startschuss. Und es vergehen keine zehn Sekunden, schon ist man mittendrin im täglichen Wettlauf der neunjährigen Samia und ihrem Freund Ali. Zwei Kinder in Somalia im Jahr 2000, auf ihrem morgendlichen Weg zur Schule. Ungestüm, zielgerichtet und über jedes Hindernis erhaben, quer durch die staubigen Straßen der Altstadt von Mogadischu. Diese Dynamik, die der Film im weiteren Verlauf immer wieder aufnimmt, die Antriebskraft der Protagonistin, sind die alles bestimmende Stärke von "Samia".

Ein Mädchen mit einem Traum - allen Repressalien zum Trotz

Dieses Mädchen - auch das ist schnell klar - weiß ganz genau, was es will: die schnellste Frau der Welt werden. Und weil Samia immer vor Ali in der Schule ankommt, hat der irgendwann keine Lust mehr, will sie aber unterstützen und ihr Trainer werden. Aber das Trainieren wird für Samia immer schwieriger, denn seit der Machtergreifung der Islamisten wird das Land vom Bürgerkrieg erschüttert und Mädchen und Frauen werden kaum Rechte zugestanden.

Da ihr nichts anderes übrig bleibt, trainiert Samia sogar verschleiert. Diese Absurdität lässt selbst bei einem ihrer Brüder Unbehagen aufkommen, während der Ältere klar Stellung bezieht:

"Mit so 'nem Ding kann sie unmöglich richtig laufen."
"Kann sie sowieso nicht. Frauen dürfen nicht laufen!" Filmszene

Aber "darfst du nicht", gibt es nicht für Samia. Sie läuft weiter. Und allen Repressalien zum Trotz taucht eines Tages eine Beauftragte der Regierung auf und eröffnet der inzwischen jungen Frau, dass das Olympische Komitee sie kennenlernen will. Bei der Eröffnung der Olympischen Spiele 2008 in Peking trägt Samia die Fahne ihres Landes. Für einen Sieg beim Wettkampf reicht es nicht, dennoch wird sie frenetisch gefeiert.

Als sie nun, getrieben von Perspektivlosigkeit, 2012 versucht, nach Europa zu flüchten, stirbt die junge Frau bei der Überfahrt mit einem Flüchtlingsboot im Mittelmeer.

Eindringliche Geschichte einer Geflüchteten

Die Regisseurin Yasemin Şamdereli, die mit ihrem ersten Spielfilm "Almanya - Willkommen in Deutschland" schon erfrischende Perspektivwechsel zweier Kulturen zeigte, legt den Fokus auf Samias Kindheit und Jugend und die prekären Lebensumstände. Es gibt sogar eingearbeitetes Archivmaterial von Bombenanschlägen, die damals das Land erschütterten.

Dieser Realismus steht jedoch manchmal im Gegensatz zu einer emotionalen und musikalisch übertriebenen Überzeichnung, wenn es um ihre Träume geht und Samia zum Beispiel mit ihrem ermordeten Vater spricht. Dadurch gerät zwischenzeitlich der Fokus der Geschichte ins Wanken.

Aber ähnlich wie die Geschichten anderer Geflüchteter, wie sie etwa in diesem Jahr in "Ich Capitano" oder "Green Border" erzählt wurden, bringt uns der Film "Samia" ein menschliches Schicksal viel näher, als jede Schlagzeile oder Nachrichtenmeldung das könnte.

Samia

Genre:
Biopic, Drama
Produktionsjahr:
2024
Produktionsland:
Italien, Deutschland, Belgien, Schweden
Zusatzinfo:
mit Ilham Mohamed Osman, Elmi Rashid Elmi, Riyan Roble und anderen
Regie:
Yasemin Şamdereli
Länge:
102 Minuten
FSK:
ab 12 Jahren
Kinostart:
19. September 2024

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Morgen | 16.09.2024 | 07:20 Uhr

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