"Die Fabelmans": Steven Spielbergs Liebeserklärung ans Kino
So persönlich, so privat, so zärtlich hat Steven Spielberg noch nie erzählt: "Die Fabelmans" ist nicht nur eine Liebeserklärung ans Kino, sondern auch an Spielbergs Familie.
"Filme sind Träume, die du niemals vergisst", heißt es an einer Stelle in Steven Spielbergsneuem Film - ein Versprechen, dass "Die Fabelmans" einlöst, denn der bisher persönlichste Film der Regielegende kreiert Bilder, die hängen bleiben. Das große Spektakel, für das Spielberg ja sonst oft steht, bleibt hier aus. Es ist ein ruhiger, melancholischer Film über die Liebe zum Kino und die Liebe zu seiner Familie, autofiktional, ganz nah dran an Spielbergs eigener Biografie.
In dieser Familie konkurriert die Wissenschaft mit der Kunst. Sammy ist in meiner Mannschaft und kommt nach mir. Szene aus dem Film
Der erste Kinobesuch wird zum Beginn einer Leidenschaft
Nach seinem ersten Kinobesuch mit seinen Eltern ist der junge Sammy nachhaltig verstört und beeindruckt zugleich, kann die Bilder aus Cecile B. DeMilles "Die größte Schau der Welt" kaum verdauen. Vor allem nicht die Szene, in der ein fahrender Zug mit einem Auto kollidiert. Im Keller des Hauses stellt er die Szene mit der Modeleisenbahn nach, immer und immer wieder, bis seine Mutter mit dem traumatisierten Kind Erbarmen hat.
"Sammy, wir nehmen uns Daddys Kamera und filmen es. Wir bauen den Unfall nur einmal. Und wenn der Film entwickelt ist, kannst du dir den Film so oft ansehen, wie du willst, bist du keine Angst mehr hast. Und dein echter Zug geht nicht mehr kaputt. Und noch was Darling. Kein Wort zu deinem Vater. Der Film ist unser Geheimnis. Dein und Meins." Szene aus dem Film
Es ist der erste von vielen Filmen mit der Super-8-Kamera, der Beginn, einer Leidenschaft, die Jahrzehnte andauern wird.
Steven Spielberg erzählt von einer zerrütteten Familie
"Die Fabelmans" ist für Steven Spielberg vor allem Vergangenheitsbewältigung: Er öffnet sich, erzählt von der Beziehung zu seinen Eltern, die sich haben scheiden lassen. Es sind Momente der Liebe, Momente des Missverstehens, Momente des missverstanden Werdens zwischen dem Sohn und seinen Eltern. Gerade Sammys Vater, ein IT-Ingenieur und Workaholic, hat wenig Verständnis für die Leidenschaft des Sohnes, Filme zu drehen.
Spielberg arbeitet sich nicht ab, er verarbeitet seine Kindheit und Jugend als jüdischer Junge in amerikanischen Vororten. Michelle Williams brilliert als seine schwer depressive Mutter mit kaputter Seele, Paul Dano als strenger Vater, Seth Rogen als bester Freund der Familie. Die Oscarnominierung als bester Nebendarsteller allerdings hat Judd Hirsch bekommen als Onkel Boris für eine einzige Szene, in der er Sammy durchschaut hat.
"Wir sind Süchtige. Und Kunst ist unsere Droge. Familie lieben wir, aber Kunst - wir sind meschugge nach Kunst. Denkst du ich würde meine Schwester, meine Mama und Papa verlassen und meinen Kopf in das Maul von Löwen stecken?"
"Den Kopf in ein Löwenmaul stecken ist Kunst?"
"Nein, den Kopf in das Maul eines Löwen stecken ist Wagemut. Dafür sorgen, dass der Löwe den Kopf nicht frisst, das ist Kunst."
Szene aus dem Film
"Die Fabelmans": Einer der besten Spielberg-Filme seit langem
Spielberg hat oft in seinen Filmen von kaputten Familienstrukturen erzählt, in "E.T." genauso wie in "Unheimliche Begegnung der dritten Art", selbst in Filmen wie "Jurassic Park". Ein Thema, dass er auch hier wieder aufgreift, dass seine früheren Filme in einem anderen Licht erscheinen lassen. Denn so persönlich, so privat, so zärtlich hat Steven Spielberg noch nie erzählt. Vielleicht musste der Altmeister Mitte 70 werden, um diesen Film machen zu können. Das Warten hat sich auf jeden Fall gelohnt, denn "Die Fabelmans" ist einer der besten Spielberg-Filme seit langem.
Die Fabelmans
- Genre:
- Drama
- Produktionsjahr:
- 2022
- Produktionsland:
- USA
- Zusatzinfo:
- Mit Gabriel LaBelle, Michelle Williams, Paul Dano u.a.
- Regie:
- Steven Spielberg
- Länge:
- 151 Minuten
- FSK:
- ab 12 Jahre
- Kinostart:
- ab 9. März 2023