"Maxton Hall": Kritik an den Dreharbeiten auf der Marienburg
Eigentlich ist die Marienburg bei Hannover derzeit geschlossen, weil sie saniert wird. Von Einsturzgefahr ist die Rede. Dennoch wird dort jetzt die zweite Staffel der Serie "Maxton Hall" gedreht. Die ehemalige Schlossführerin Carmen Holst-Hillmer hat dafür kein Verständnis.
Grund für die Sanierung ist der sogenannte Hausschwamm, der in der Dachkonstruktion festgestellt wurde. Die Region Hannover habe den Dreh der Amazon-Serie unter Auflagen aber genehmigt, sagte Sprecher Philipp Westphal vom Bauamt des Landes Hannover im Gespräch mit NDR Kultur. Das Produktionsunternehmen habe ein Gutachten in Auftrag gegeben und "für einige Räume" nachweisen können, dass "die Standsicherheit für temporäre Dreharbeiten und für eine begrenzte Personenzahl noch ausreichend ist".
Das wiederum sorgt nun bei einigen der Beteiligten für Kritik, vor allem hinsichtlich früherer Äußerungen von Falko Mohrs, Niedersachsens Minister für Wissenschaft und Kultur. NDR Kultur hat mit Carmen Holst-Hillmer gesprochen, die viele Jahre als Schlossführerin auf der Marienburg gearbeitet hat.
Die Dreharbeiten zur ersten Staffel von "Maxton Hall" 2022 haben sie mitbekommen. Jetzt hat sich die Lage am Schloss verändert, der Bau ist marode und für das Publikum nicht mehr zugänglich. Wie ist die Situation aus Ihrer Sicht?
Carmen Holst-Hillmer: Die Informationen dazu, dass inoffiziell Grünes Licht an UFA Fiction gegeben wurde, kursierten schon etwas länger. Als wir ehemaligen Angestellten das dann an die Öffentlichkeit brachten und fragten, weshalb Dreharbeiten in Ordnung seien, bei Besuchern und Angestellten aber Einsturzgefahr bestehe, wurde dann schnell auch die Notwendigkeit eines Gutachtens betont, das die temporäre Unbedenklichkeit einer Nutzung bescheinigen müsse - selbstverständlich auf Kosten von UFA Fiction.
Und - schwupps - liegt nicht nur innerhalb kürzester Zeit dieses Gutachten vor, sondern es sind sogar Abstützarbeiten vorgenommen worden. Vorgeschlagen übrigens in einer baufachlichen Stellungnahme von einem Ingenieurbüro aus Hannover, das unglaublich erfahren ist mit Konrad-Wilhelm-Hase-Gebäuden, der auch die Marienburg erbaute. Also alles, was jetzt vorgenommen wurde, um diesen Dreh durchführen zu können, das hätten auch wir vornehmen und damit eine Zugänglichkeit für die Öffentlichkeit möglich machen können.
Wie erklären Sie sich das?
Holst-Hillmer: Das ist eine gute Frage, die ich auch gerne Minister Falko Mohrs und seinen Referatsleiter vom Denkmalschutz, Jobst Graf von Wintzingerode, stellen würde. Denn mit welchem Recht kann der Minister dauerhaft behaupten, es würde für alle Bereiche des Schlosses eine Gefahr für Leib und Leben geben: Die Standsicherheit des gesamtes Schlosses sei nicht gegeben - das hat er immer wieder in die Kameras gesagt. Und jetzt laufen da täglich bis zu 300 Mitarbeiter einer Filmcrew durch das Schloss und es wird von UFA und Amazon Prime genutzt - und danach ist dann aber wieder alles einsturzgefährdet?
Sie haben ein sehr persönliches Verhältnis zur Marienburg, sozusagen von Kindheit an?
Holst-Hillmer: Das ist richtig. Ich habe tatsächlich schon als Fünfjährige zu meiner Mutter gesagt: "Wenn ich groß bin, möchte ich da oben mal arbeiten." Das hat auch geklappt. Ich war insgesamt knapp acht Jahre lang dort, habe Kinderführungen gemacht, aber auch normale klassische Führungen vorgenommen. Es war der schönste Arbeitsplatz der Welt.
Glauben Sie, dass Sie da noch mal wieder arbeiten werden?
Holst-Hillmer: Ob ich persönlich da wieder arbeiten werde, ist zweitrangig. Wichtig ist doch, dass es der Öffentlichkeit wieder zur Verfügung steht. Denn wir erreichen sonst eine ganze Generation von jetzt jungen Menschen, Jugendlichen, Kindern nicht, denen man die Geschichte vorsichtig, kindgerecht aufgearbeitet, heranbringen muss. Aber natürlich auch Gästen aus aller Welt: Wir sehen durch "Maxton Hall", dass noch mehr Menschen zum Schloss gelockt worden sind. Wir hätten diesen Besuchern mit unserem Pächter, den wir hatten, wunderschöne Zeiten bereiten können.
Was würden Sie sich für die nähere Zukunft wünschen?
Holst-Hillmer: Ich würde mir vor allem erst einmal Transparenz und Aufarbeitung der vergangenen Monate wünschen. Dass offengelegt wird, warum und wie welche Vorgänge sein mussten. Darauf hat die Öffentlichkeit auch ein Anrecht. Uns wurden immer wieder Steine in den Weg gelegt - und das auf keinesfalls faire Weise. Wir hatten im April unsere Petition im Landtag abgegeben und hoffen, dass die Abgeordneten des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur auch weiterhin Fragen stellen.
In einer Stellungnahme der Region Hannover zur Nutzungsgenehmigung der Marienburg heißt es: "Die Region Hannover hat als zuständige Bauaufsichtsbehörde einzelne Räume der Marienburg unter Auflagen vorübergehend für Dreharbeiten freigegeben. [...] Die Freigabe durch die Bauaufsicht gilt für eine klar begrenzte Personenzahl in einem begrenzten Zeitraum. Da das Gutachten den Nachweis der Standsicherheit nur für temporäre Dreharbeiten erbringt, ist eine andere Nutzung der Räumlichkeiten, zum Beispiel durch größere Besuchergruppen, auf Basis der erteilten Freigabe nicht möglich."