Kinobranche in Sorge: Filmförderungsgesetz steht auf der Kippe
Die bisherige Filmförderung des Bundes läuft Ende 2024 aus. Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Die Grünen) hofft, das Filmförderungsgesetz "noch im Dezember auf die Tagesordnung des Deutschen Bundestages" zu bekommen: "Es eine Frage des politischen Willens".
Nach dem Aus der Ampel-Koalition im Bund stehen auch viele Projekte in der Kultur auf der Kippe. So auch die Reform des Filmförderungsgesetzes (FFG), das eigentlich zum 1. Januar 2025 in Kraft treten sollte. Doch die bisherige Filmförderung des Bundes läuft Ende dieses Jahres aus. Und jetzt? Die Filmbranche befürchtet Schlimmes.
"Wirtschaftliche Krise in der Branche ist da"
Es ist der deutsche Kinohit des Jahres 2024: Andreas Dresens Film "In Liebe, Eure Hilde"- und maßgeblich mitfinanziert durch die Filmförderung FFA. Die sorgt dafür, dass deutsche Produzenten Fördergelder erhalten und ihre Produktionen in Deutschland realisieren können. Doch die bundesdeutsche Filmförderung steht jetzt auf der Kippe.
Björn Böhning von der Produzentenallianz warnt vor massiven Einschnitten: "Die wirtschaftliche Krise in der Branche ist da - und die einzige Hoffnung, die die Produzenten haben, ist, dass das FFG umgesetzt wird. Dass es eine neue Reform der Filmförderung gibt, die es ermöglicht, dass wieder in Deutschland produziert wird."
Produktionen drohen ins Ausland zu gehen: Ausfall von 500 Millionen Euro?
Die Krise ist schon jetzt spürbar - das verdeutlicht die am Donnerstag letzter Woche vorgestellte Herbstumfrage der Produzentenallianz. Acht von zehn Produktionsfirmen schätzen ihre wirtschaftliche Lage als schlecht oder sehr schlecht ein. Zwei Drittel der Unternehmen planen, ihre fiktionalen Produktionen ins Ausland zu verlagern, falls die Reform scheitert. Ein Produktionsvolumen, dass dann nicht mehr in Deutschland erwirtschaftet würde: "Wenn alle Unternehmen, die gezwungen sind, im Ausland zu produzieren, dann reden wir von einem Produktionsausfall von etwa 500 Millionen Euro. Bei einem Marktvolumen von acht bis neun Milliarden Euro ist das eine sehr relevante Zahl", meint Böhning.
Umgerechnet wären das 120.000 Arbeitsplätze, die in der Kreativwirtschaft auf dem Spiel stünden, so Böhning. Die bestehende Filmförderung läuft Ende des Jahres aus. Damit fehlt die gesetzliche Grundlage für Abgaben von Fernsehsendern, Kinobetreibern und Streaminganbietern.
2023 investierte FFA 70 Millionen Euro in neue Filmprojekte
Diese Abgaben fließen in die Filmförderungsanstalt (FFA), die allein 2023 rund 70 Millionen Euro in neue Filmprojekte investierte. Seit inzwischen drei Jahren arbeitet Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Die Grünen) an einer Novelle des Filmförderungsgesetz. Doch nach dem Aus der Ampel-Koalition ist unklar, was aus der Reform wird. "Eigentlich will es auch die Opposition, die haben auch mitgearbeitet, haben Änderungsanträge eingebracht. Das liegt jetzt vor. Das heißt: Jetzt ist es eine Frage des politischen Willens, dass wir es noch im Dezember auf die Tagesordnung des Deutschen Bundestages bekommen", sagt Roth im Gespräch mit NDR Kultur.
Länder wie Frankreich, Italien und Spanien machen vor, wie es geht: Mit Investitionsverpflichtungen von teilweise 30 Prozent zwingen sie zum Beispiel internationale Streamingdienste, auch im eigenen Land zu produzieren. Aktuell liegen Investitionsverpflichtungen in Deutschland jedoch nur bei 18 bis 19 Prozent. Ohne Filmförderungsgesetz verstärkt sich der Wettbewerbsnachteil, beklagen die Produktionsfirmen: "Die Möglichkeit, Abgaben zu erheben, wäre ohne FFG obsolet. Auch die steuerlichen Anreizsysteme und Investitionsverpflichtungen würden wegfallen. Damit verlieren wir zusätzliche Anreize, Produktionen in Deutschland zu realisieren", sagt Böhning.
Schenderlein: "Großer Wurf einer Filmgesetznovelle ist nicht gelungen"
An einem Aderlass des Filmstandorts Deutschland kann eigentlich auch die Union, bisher stets verlässlicher Partner der Filmwirtschaft, kein Interesse haben. Bei der letzten Abstimmung stimmte die Union jedoch noch gegen das Filmförderungsgesetz von Claudia Roth. Christiane Schenderlein, medienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sagt: "Wir haben in der letzten Ausschusssitzung dem FFG nicht zugestimmt, weil der große Wurf einer Filmgesetznovelle nicht gelungen ist."
Zwar signalisiert die Union inzwischen Unterstützung, möchte die Reform aber erst nach der Vertrauensfrage von Olaf Scholz am 16. Dezember beschließen. Ist das für die Filmförderung ab Januar 2025 zu knapp? "Dann haben wir immer noch eine volle Sitzungswoche Zeit", sagt Schenderlein und hofft, "dass man dann eben die Gesetze noch zum Abschluss bringt, die diese Priorität und Eilbedürftigkeit haben." Trotzdem bleibt es ein Wettlauf gegen die Zeit. Ende des Jahres wird sich entscheiden, ob die Bundes-Filmförderung im neuen Jahr weitergehen kann oder die deutsche Filmbranche vor unsicheren finanziellen Zeiten steht.