Wer zum Star wird, bestimmt der Zufall.
Die Coen-Brüder erzählten 2013 die Geschichte eines vom Pech verfolgten Folk-Musikers im New York der 60er. Die Botschaft: Stars werden zufällig geboren. Der Film steht in der ARD Mediathek.
Was sind das für unberechenbare, im besten Sinne unfassbare Bilder, durch die ein Film plötzlich größer wird als das, was er erzählt? Was macht sie aus, diese magischen Momente, nach denen wir uns sehnen? Es sind zwei Brüder aus Minnesota, die sich am schönsten auf die Erzeugung solcher eigensinnigen Augenblicke verstehen: Joel und Ethan Coen.
Die Handlung ihres Films "Inside Llewyn Davis" von 2013 lässt sich mit einem Satz zusammenfassen: Anfang der 60er-Jahre fährt der Titelheld, ein Folk-Musiker, auf der verzweifelten Suche nach einem Auftritt mit seiner Gitarre von New York nach Chicago und zurück und übernachtet zwischendurch auf den Sofas seiner Freunde.
Ein Film über fortwährendes Scheitern
Schon in den ersten Szenen wird klar: "Inside Llewyn Davis" ist die Geschichte eines Verlierers. Und auch dieser Coen-Held scheint ein Bruder des unglücklichen biblischen Hiob zu sein: abgebrannter Folksänger, Überlebenskünstler, Schnorrer, Pechvogel. In dem Moment, in dem eine kleine Folk-Szene in New York beginnt, Musikgeschichte zu schreiben, in dem Moment, in dem Bob Dylan von Greenwich Village aus seinen Weg zum Folk-Firmament beginnt, sehen wir Llewyn Davis (Oscar Isaac) beim fortwährenden Scheitern zu.
Dieses Unglück erzählen die Coens als eine lose zusammenhängende Serie großer Auftritte und kleiner Momente, etwa wenn Carey Mulligan als Ex-Geliebte des Helden einen großartig verbitterten, aber eben auch untergründig komischen Auftritt hat. Es gibt in diesem Coen-Reigen viele solcher Szenen, die gar nicht so viel zur Handlung beitragen, aber durch eine Art chemische Leinwandreaktion in etwas umschlagen, das man nur Kino nennen kann.
Der Auftritt von John Goodman zum Beispiel: In der Rolle eines lästernderden Fleischberges und Free-Jazzers begleitet er Llewyn Davis als Mitfahrer nach Chicago. Vom Autorücksitz aus wettert er über die Welt und die Folk-Musik.
Gastrolle für Justin Timberlake
Eine kleine, aber nicht unwesentliche Rolle spielt in "Inside Llewyn Davis" eine rötliche Katze. Die Katze verkörpert so etwas wie das Schicksalsmoment dieses Films. Denn schließlich ist Llewyn Davis einfach nur zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort, macht bei den falschen Amateurkonzerten mit, bei einer Studioeinspielung, die keine Tantiemen bringt. Bei dieser chaotischen Einspielung, und das kriegen wohl nur die Coens hin, wirkt auch Justin Timberlake in einer winzigen Rolle mit.
Llewyn Davis verpasst, ohne es zu wissen, all die Chancen, die anderen Folk-Künstlern in den Sixties zu ihren Weltkarrieren verhalfen. Und so ist der Film auch eine Hausmitteilung der Coens an das Kino. Wer zum Star oder zum Helden wird, ist eine Frage des Zufalls, so ihre Botschaft.
Und sind nicht die Millionen Verlierergeschichten, die Schicksale der Scheiternden und Gescheiterten genauso erzählenswert? Zumal, wenn diese Loser so schön melancholisch singen wie Llewyn Davis.