Neue-Musik-Ensembles in Niedersachsen werden kaputtgespart
Das Ministerium für Kultur und Wissenschaft in Niedersachsen verspricht Rückenwind für die Musikszene und fördert 38 Musikprojekte, 14 Festivals, zehn Ensembles und drei Chöre mit insgesamt 735.000 Euro. Die wichtigsten Neue-Musik-Ensembles werden hingegen kaputtgespart.
Die Gruppe "L'art pour l'art" ist eine Institution. Seit über vierzig Jahren bereichert sie das Kulturleben, nicht nur in Niedersachsen: mit unzähligen Konzerten moderner und zeitgenössischer Musik, mit Workshops und Kompositionsklassen. Rund 300 Uraufführungen und ein "ECHO Klassik" gehören zur Erfolgsbilanz des in Winsen/Luhe ansässigen Kammermusikensembles. Aber jetzt stehe "L'art pour l'art" vor dem Aus, sagt die Flötistin und Mitbegründerin Astrid Schmeling. Sie befürchtet, "dass wir eigentlich aufhören müssen, oder nur noch rudimentär arbeiten können, weil wir keine Konzeptionsförderung vom Land mehr bekommen. Die Summe, die wir brauchen, um arbeiten zu können, können wir nicht anderweitig kompensieren."
Kürzungen sind ein Tiefschlag für die freie Szene
Bisher hat das Ensemble "L'art pour l'art" vom Land Niedersachsen zuverlässig eine Konzeptionsförderung von 20.000 Euro pro Jahr bekommen, bewilligt auf Zeiträume von jeweils vier Jahren. Doch damit ist jetzt Schluss. Der aktuelle Förderantrag wurde abgelehnt - und zwar nicht nur bei "L'art pour l'art", sondern unter anderem auch bei den Gruppen "Das Neue Ensemble" aus Hannover und "OH Ton Ensemble" aus Oldenburg. "Damit sind die drei führenden Ensembles für Neue Musik in Niedersachen ausradiert", so Schmeling. Für die freie Szene in Niedersachsen ist das ein übler Tiefschlag.
Hintergründe zur Umstrukturierung der Fördermittel
Aber wie konnte das passieren? Hintergrund ist eine Umstrukturierung bei der Vergabe von Fördermitteln für freie Ensembles. Die Konzeptionsförderung für Ensembles war lange Zeit an die Netzwerke Musik 21 Niedersachsen und Klangpol gebunden. Vor zwei Jahren wollte das Ministerium für Wissenschaft und Kultur diese Vergabe aber aus der Verbindung mit den Neue-Musik-Netzwerken herauslösen und auf mehr Bereiche der Musik erweitern. "Es gibt viele Kammerensembles in Niedersachsen, die klassische Musik oder Barockmusik spielen, also in anderen Jahrhunderten unterwegs sind, und die bis dato noch keine Konzeptionsförderung erhalten hatten", sagt Astrid Schmeling.
Diese anderen Ensembles mit in den Kreis der Förderberechtigten aufzunehmen, fanden sie und ihre Kolleginnen und Kollegen nur fair. Allerdings natürlich unter der Voraussetzung, dass der Fördertopf dann entsprechend aufgefüllt und vergrößert würde - was bei Gesprächen mit dem Ministerium im Jahr 2023 auch so verabredet wurde. Aber genau das ist dann nicht passiert. Der Etat für die Konzeptionsförderung von Ensembles der professionellen Musikszene hat dasselbe Volumen wie vorher: Er umfasst 90.000 Euro pro Jahr - nur dass diese Summe jetzt auf viel mehr Antragsteller verteilt wird. Mit dem Ergebnis, dass die drei wichtigsten Neue-Musik-Ensembles gar nichts mehr bekommen.
Schmeling: "Niedersachsen kappt sich damit selbst einen Fuß ab"
Ist das im Sinne des Ministeriums, dass man so wichtigen Akteuren wie dem "L’art pour l’art"-Ensemble quasi von heute auf morgen die Arbeitsgrundlage entzieht? Dazu hat die Pressesprecherin des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur eine schriftliche Stellungnahme geschickt. Demnach hatten sich 19 Ensembles auf eine Förderung für die Jahre 2025 bis 2027 beworben, für eine Gesamtsumme, die den Etat um das Vierfache überschritten hätte. Deshalb musste die für die Vergabe zuständige Expertenkommission aussortieren. "In Anbetracht des vorhandenen Wettbewerbs konnten sich einige Vorhaben nicht durchsetzen", lautet die nüchterne Begründung dafür, dass die Neue-Musik-Ensembles leer ausgehen.
Eine echte Wertschätzung für die Bedeutung der Neuen Musik oder ein Bewusstsein dafür, was diese Ensembles teilweise über Jahrzehnte zur Vielfalt der Kulturlandschaft in Niedersachsen beigetragen haben, ist darin nicht zu erkennen. Astrid Schmeling: "Niedersachsen kappt sich damit selbst einen Fuß ab. Ich verstehe überhaupt nicht, wie das sein kann."
