Film-Abos und mehr: Wie sich Kinos in SH verändern wollen
Nicht nur die Corona-Pandemie hat die Kinobranche hart getroffen. Seit Jahren haben die Lichtspielhäuser auch vermehrt durch die Popularität von Streamingdiensten Konkurrenz. Neue Ideen des Kinoverbandes sollen dies nun ändern.
Der schwere, rote Vorhang aus dichtem Samtstoff öffnet sich und gibt den Blick frei auf die Kinoleinwand. Eine weiße Fläche, gut 100 Quadratmeter groß. Sie ist das Herzstück eines jeden Kinos - und das hat noch ein langes Leben vor sich, findet Ralf Thomsen vom Kinoverbund SH. Der Mann, dem mehrere Kinos gehören, ist überzeugt: "Das Kino ist noch lange nicht tot und wird auch nicht tot gehen." Damit das Kino allgemein, aber insbesondere auch seine Häuser in Heide, Büsum (beide Kreis Dithmarschen) und auf Amrum (Kreis Nordfriesland) nicht sterben, trifft er sich jeden Dienstag um 11 Uhr mit den anderen Kinobesitzern im Land.
Der Kinoverbund SH hat sich gegründet, um mit vereinten Kräften für das Kino zu kämpfen. Zwar musste kein Kino im Land durch die Folgen der Pandemie schließen, doch noch immer lägen die Besucherzahlen knapp 30 Prozent unter denen vom Vor-Corona-Jahr 2019. Die Treffen haben sie in der Pandemie begonnen - und werden sie auch jetzt nach dem Ende des Ausnahmezustandes weiterführen.
Mit einem Abo Zuschauer an sich binden
Eine der Ideen, die aus diesen Treffen entstanden ist: ein Kino-Abo. Ralf Thomsen erklärt, dass die Idee ursprünglich aus den Niederlanden komme und der Zuschauer für 20 Euro im Monat so viele Filme schauen könne, wie er möchte - in jedem Kino, das mitmache. "Es ist ein Modell, wo man im Grunde genommen zwei Kinobesuche im Voraus entrichten muss, aber eben so oft ins Kino gehen kann, wie man will." Das Risiko für den Kinobesitzer sei jedoch relativ gering, denn man bekäme einen Mindestpreis auch für Abokarten-Inhaber. Doch noch sei der Plan eben nur eine Idee, die in den kommenden Monaten Gestalt annehmen soll. Die nächsten Schritte: Förderinstrumente und Risikokapital besorgen.
Viele Menschen, viele Meinungen
Eine Umfrage unter Passanten in Norderstedt (Kreis Segeberg) zeigt: Ganz unbekannt ist das Beispiel aus den Niederlanden auch in Deutschland nicht. Ein Mann berichtet, das System bereits aus Nordrhein-Westfahlen zu kennen. "Da hieß es Blackcard und war eine Jahreskarte, aber lief ziemlich gut." Aber brauchen die Norderstedter das Kino überhaupt oder genügt ihnen der Streamingdienst, mit dem sie zahlreiche Filme und Serien auf Knopfdruck bekommen?
Die Antworten könnten unterschiedlicher kaum sein und decken die gesamte Bandbreite ab: Von Menschen, die angeben, seit einigen Jahren nicht mehr im Kino gewesen zu sein und nur noch zu streamen, über Menschen, denen die Dunkelheit und Nähe zu fremden Menschen im Saal zu schaffen macht, bis zu denjenigen, die weder Streamingdienste noch Kino nutzen, sondern ganz klassisch linear das Fernsehprogramm laufen lassen.
Filme wirken im Kino anders als im Wohnzimmer
Aber dann gibt es noch die andere Seite begeisterter Cineasten, die direkt nach Erscheinung den neuen Avatar-Film geschaut haben, die davon schwärmen, wie sehr sich ein gemeinsamer Besuch mit Freunden im Kino doch von einem Filmabend auf dem heimischen Sofa unterscheide. Und ein Ehepaar erzählt, dass es die Lautstärke im Kino zwar deutlich zu hoch findet, aber dennoch immer wieder käme, schließlich würden dort auch Opern direkt aus London und anderen Metropolen übertragen.
Regional und Kontakt zu den Filmemachern
Ein Film, der laut Kinoverband in diesem Jahr besonders gut lief, war "Mittagsstunde". Ein norddeutscher Film, den vor allem auch die vielen Gespräche zwischen Kinobesuchern und Regisseur Lars Jessen zum Kassenschlager machten, wie Ralf Thomsen erklärt: "Und dadurch, dass der eben auch in der plattdeutschen Originalfassung bei uns gelaufen ist, hat der natürlich wieder ganz andere Menschen ins Kino geholt. Viele Leute, die schon lange nicht mehr da waren." Ideen wie diese wollen Ralf Thomsen und seine Kollegen weiter entwickeln.
Nur so - und das ist ihnen bewusst - haben sie überhaupt eine Chance gegen die Streamingdienste wie Netflix und Co. "Wir müssen uns ein bisschen umstellen. Ich sage mal, von der Abspielstätte hin zum aktiven Mitgestalter." Nur wenn ihnen das gelingt, dann hat das allzuoft totgesagte Kino doch noch eine Überlebenschance.