Eine Hand hält zwei Filmpreise. © IMAGO / Eventpress

Deutscher Filmpreis: Filmakademie ändert Auswahlverfahren

Stand: 01.09.2023 07:49 Uhr

Der Deutsche Filmpreis, die Lola, ist die renommierteste und höchstdotierte Auszeichnung in der Kinobranche. Doch in der Vergangenheit wurde das Auswahlverfahren kritisiert. Nun hat die Filmakademie Änderungen angekündigt.

von Bettina Peulecke

Besonders auffällig war im letzten Jahr: Die Produktion des Streaminganbieters Netflix "Im Westen nichts Neues" war gleich mehrfach nominiert, während Christian Petzolds viel gelobter und bei der Berlinale mit dem großen Preis der Jury ausgezeichneter Film "Roter Himmel" es nicht mal auf die Nominierten-Liste schaffte.

Zweistufiges Verfahren wie bei den Oscars und Baftas

Weitere Informationen
Alexandra Maria Lara (L-R), Staatsministerin Claudia Roth und Regisseur Florian Gallenberger bei der Bekanntgabe der Nominierungen für den Deutschen Filmpreis 2023 © picture alliance/dpa | Britta Pedersen Foto: Britta Pedersen

Deutscher Filmpreis in der Kritik: Die Geschichte der Vergabe

Das Auswahlverfahren für die Preisvergabe der Lolas wird seit Jahren kritisiert und verändert. Wie läuft das Auswahlverfahren bislang? mehr

"Da gab es vorher eine Kommission, die ausgewählt hat, welche 40 Prozent eine Runde weitergehen und somit der gesamten Mitgliedschaft zur Verfügung gestellt werden - und daraus wird gewählt. Da ist Petzold sozusagen nicht in die Vorauswahl gekommen und deswegen hat er auch keine Nominierung bekommen", berichtet Anne Leppin, Geschäftsführerin der Deutschen Filmakademie. "Diesen Zwischenschritt, dass von den eingereichten Filmen ein Kreis von demokratisch gewählten Mitgliedern eine Vorauswahl trifft, diese Stufe haben wir abgeschafft."

Jetzt haben also immerhin alle eingereichten Filme die Chance, von allen nominiert zu werden. Außerdem können künftig Mitglieder nicht nur entsprechend ihres Gewerkes - also beispielsweise Kameraleute für die Kategorie "Beste Kamera/Bildgestaltung" - abstimmen, sondern auch in den Kategorien "Bester Kinderfilm" und "Bester Spielfilm". Das zweistufige Verfahren wird in einigen Kategorien schon länger bei den Oscars und auch bei den Baftas praktiziert.

Nun tragen alle Mitglieder der Akademie die Verantwortung

Möglich wird es zum einen durch die digitalen Sichtungsplattformen. Zum anderen ist die Anzahl der Mitglieder der Akademie gewachsen. Anna Leppin ist voller Zuversicht: "Jetzt sind wir inzwischen 2.200 Mitglieder, von daher funktioniert das auch erst mit einer großen Akademie. Wenn wir das jetzt ausrechnen und davon ausgehen, dass da nur 50 bis 60 Prozent Wahlbeteiligung ist, was völlig in Ordnung ist, dann wird jeder Film auf jeden Fall von über 100 Mitgliedern geschaut." Dies bedeute, dass sich auch ein kleiner Film durchsetzen könne. "Wenn ein Film von 100 Leuten gesehen wird und herausragend ist, dann kann der nicht untergehen."

Weitere Informationen
Eine Frau und ein Mann halten jeweils eine Lola in ihren Händen. © imago

"Der Deutsche Filmpreis ist der deutschen Filmbranche unwürdig"

Filmkritikerin Katja Nicodemus kritisiert die Preisvergabe und bedauert, dass Filme wie "Roter Himmel" nicht nominiert werden. mehr

Eine überfällige Entscheidung - doch gut, dass die Filmakademie sie nun endlich getroffen hat. So tragen nun alle Mitglieder der Akademie die Verantwortung. Sie sollten sie als Chance und nicht als Last sehen - und sich möglichst zahlreich an der Auswahl beteiligen! Ob es wirklich 50 bis 60 Prozent Wahlbeteiligung geben wird? Ob sich wirklich die Mehrheit die obligatorischen zehn Filme und im Idealfall natürlich noch mehr anschaut, um dann die herausragenden Produktionen zu nominieren? Das bleibt abzuwarten. Am Ende werden vielleicht wieder kritische Stimmen bemängeln, dass ein Film zu Unrecht nicht nominiert wurde. Aber dann waren wenigstens alle daran schuld.

Weitere Informationen
Edward Berger bei einem Event für die Nominierten zum Deutschen Filmpreis 2023 © picture alliance/dpa | Jason Harrell Foto: Jason Harrell

Edward Berger: "Großes Zeichen der Kleingeistigkeit"

Edward Bergers "Im Westen nichts Neues" war beim Deutschen Filmpreis zwölf Mal nominiert. Dennoch blickt er kritisch auf das Auswahlverfahren. mehr

Christian Petzold mit seinem Silbernen Bären für den Großen Preis der Jury für "Roter Himmel" bei der Preisverleihung der Berlinale 2023 © Fabian Sommer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: Fabian Sommer

Wie Corona Christian Petzold zu seinem Film "Roter Himmel" inspirierte

Christian Petzold über die flirrenden Wirklichkeiten im Film und seine jüngste Arbeit "Roter Himmel" und was das mit Corona zu tun hat. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Vormittag | 01.09.2023 | 09:40 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Spielfilm

Eine Grafik zeigt einen Lorbeerkranz auf einem Podest vor einem roten Hintergrund. © NDR

Legenden von nebenan: Wer hat Ihren Ort geprägt?

NDR Kultur erzählt die Geschichte von Menschen, die in ihrer Umgebung bleibende Spuren hinterlassen haben - und setzt ihnen ein virtuelles Denkmal. mehr

Zwei Gladiatoren in einer Arena im Lederoutfit kämpfen miteinander - Szene mit Paul Mescal (links) und Pedro Pascal aus "Gladiator II" von Ridley Scott © Paramount Pictures Germany

Filme 2024: Diese Highlights kommen im Herbst

Bis Weihnachten locken Blockbuster wie "Gladiator 2" und "Konklave" von Edward Berger ins Kino. Auch von Nora Fingscheidt und Andreas Dresen gibt es Neues. mehr

Hände halten ein Smartphone auf dem der News-Channel von NDR Kultur zusehen ist © NDR.de

WhatsApp-Channel von NDR Kultur: So funktioniert's

Die Kultur Top-News aus Norddeutschland direkt aufs Smartphone: NDR Kultur ist bei WhatsApp mit einem eigenen Kanal aktiv. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Angela Merkel lächelt, sie trägt ein helles Oberteil und eine bunte Kette. © picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka Foto: Bernd von Jutrczenka

Hype um Merkels Memoiren - Lohnt er sich für den Buchhandel?

Auch in den norddeutschen Buchhandlungen liegt seit heute das Buch "Freiheit" - die Memoiren der Altkanzlerin. mehr