Charakterkopf zum Niederknien: 75 Jahre Burghart Klaußner
Er gilt als einer der wichtigsten Charakterdarsteller der Republik und ist weltweit renommiert. Ob im Film oder auf der Bühne - Burghart Klaußners Spiel fesselt. Nun ist der in Hamburg lebende Schauspieler 75 Jahre alt geworden.
Es raubt einem den Atem, wie eindringlich, wie ruhig und böse Burghart Klaußner den Pastor in "Das weiße Band" spielt - dem oscarnominierten Film von Michael Haneke über das Aufwachsen im protestantischen Milieu vor dem Ersten Weltkrieg. Es ist ein Horrorfilm in Schwarzweiß. Und mit Klaußner steckt man mittendrin im stillen Horror. Solche ernsten Rollen sind sein Markenzeichen. Kritiker, Preisjurys und das Publikum jubeln. Klaußner ist ein Charakterkopf zum Niederknien.
Klaußner spielte Brecht, Hitler-Attentäter und Nazi-Jäger
"Ich habe auch Komisches gespielt. Ich erinnere die älteren Zuschauer an die Serie 'Adelheid und ihre Mörder', was ein Quatsch war, aber auch lustig streckenweise. Ich schwänze diesen Bereich noch, weil ich zu dumm bin dafür. Eigentlich habe ich große Lust dazu", erklärt Klaußner.
Gerade die historischen Stoffe reizen ihn. Klaußner war schon Bert Brecht, Hitler-Attentäter Georg Elser, im weltweiten Hit "The Crown" der Prinzen-Erzieher von Philip und Charles, Kurt Hahn, oder auch der Nazi-Jäger Staatsanwalt Fritz Bauer. "Über dieses Nachmachen etwas zu erkennen und zu verstehen, ist für mich Motiv gewesen, um Schauspieler zu werden", erzählt der gebürtige Berliner. "Das Nachmachen ist nicht das Programm und dient nur als Einstieg, die Seele zu erforschen."
Enormes Stimmvolumen und Selbstbewusstsein
Klaußner wächst in einer Gastronomen-Familie auf - mit beachtlichem Stimmvolumen und nicht minder starkem Selbstbewusstsein, jedenfalls damals beim Vorsprechen in der Schauspielschule in Berlin, wie er sich erinnert: "Ich musste einen Schiffbrüchigen improvisieren. Ich habe mir die Seele aus dem Leib geschrien. Jedenfalls habe ich das bestanden. Ich habe auch gefragt, warum die Entscheidung so lange dauert - bei mir konnte es keine Frage sein."
Vielseitig begabt: Schauspieler, Autor, Regisseur, Sänger
Klaußner führt Regie, liest Hörbücher ein und schreibt Bücher - Autobiografisches und Romane - und er singt. Erst als Hobby und dann auch auf der Bühne. Oft Chansons, aber nicht nur. "Die sogenannten Küchenlieder, die man ganz und gar nicht mehr kennt - also Lieder der Dienstbotenschaft." Man spürt, Klaußner ist einer, der mit Leidenschaft dabei ist. Gerade probt er Shakespeares "Lear" im Schauspielhaus Düsseldorf und beendet sein neues Buch, einen Roman über die '68er.
Burghart Klaußner: Ein sympathischer, wacher Geist
Der Schauspieler ist ein sympathischer, wacher Geist. Wenn man ihn trifft: mit einem freundlichen Lächeln. "Der Name Klaußner heißt Eremit. Das ist ein Einsiedler. Ich bin gern allein, wäre aber lieber unter Leuten. Damit muss ich zurechtkommen. Damit hilft mir das Theater und das Publikum - und natürlich meine Frau."