Kriminalhörspiel
Sonntag, 29. Januar 2023, 19:00 bis
20:00 Uhr
Kriminalhörspiel nach dem gleichnamigen Roman von Patricia Highsmith. Teil 2.
"Es ist noch nicht vorbei. Ich denke an dich, Annabelle, immerzu." - In David Kelseys letztem Gedanken, am Ende des ersten Teils der Hörspieladaption von "Der süße Wahn", fängt Patricia Highsmith die Zerrissenheit dieser Figur ein: Seine Liebe ist so rein wie abgründig, so wahnhaft wie zärtlich, sodass der Mord an Annabelles Ehemann für diesen Antihelden nur folgerichtig war. Allein und abgewiesen vor Annabelles Haustür, fragt er sich, wie sie einfach nicht verstehen kann, dass er der einzig Richtige ist? Dass ihr Ehemann, Gerald, nur ein notwendiges Opfer war?
Mit irrational viel Glück entgeht Kelsey den polizeilichen Ermittlungen. Doch Patricia Highsmith geht es nicht um einen kühnen, trickreichen Mord, der nicht Davids letzter sein wird. Es geht ihr um die Entschlossenheit Davids Liebe, um seine heroische Geduld und um seine Aversion gegen jede Mittelmäßigkeit, wie Paul Ingendaay im Nachwort des Romans herausarbeitet. Der Stoff "ist einer der wenigen Romane der Autorin, in denen das weibliche Objekt männlicher Sehnsucht nicht nur Vorwand oder Staffage ist, sondern die Flamme, die eine Existenz von innen heraus verzehrt." Vielleicht ist das der Grund, warum uns dieser David Kelsey so nahe rückt? Die genau konstruierte, bedrohliche Wahrhaftigkeit eines Gefühls, dem wir alle einmal erliegen könnten. Patricia Highsmith hat dies am eigenen Leib erfahren: Am 28. Januar 1959 notiert sie, mittlerweile 38jährig und kurz nach der endgültigen Trennung von ihrer Freundin: "Mein Leben ist völlig verzweifelt. Es hängt an einem einzigen Faden."
[Das Nachwort von Paul Ingendaay finden Sie im Jahr 2020 neu herausgegebenen Diogenes-Taschenbuch.]