Hörspiel
Mittwoch, 25. Dezember 2024, 18:00 bis
20:00 Uhr
Jenseits von Eden. Teil 1
Das erste Kapitel von John Steinbecks Geschichte ist eine "Autobiografie" des Ortes, an dem die Geschichte enden wird: Sein Geburtsort Salinas in Kalifornien. Steinbeck wollte seine Erinnerungen an die Schönheit der Natur, die üppigen Gerüche und Geräusche, den Wechsel von dürren und feuchten Jahren so lebendig wie möglich konservieren. Es ist das Fleckchen Erde, an dem sich John Steinbecks aus Irland stammende Großeltern, Samuel und Liza Hamilton, niederließen. Die Hamilton-Ranch ist eine "Streusandbüchse", karges Land, ohne eine Chance große landwirtschaftliche Erträge zu erzielen. So stellt sich Samuel in den Dienst mit mehr Kapital ausgestatteter Siedler. Ein ebensolcher Siedler wird viele Jahre später in Salinas eintreffen: Adam Trask - Steinbecks Hauptfigur in "Jenseits von Eden".
Die große Serie ist ab dem 20. Dezember in 16 Folgen in der ARD Audiothek verfügbar.
"Als mein Vater einen Brunnen bohrte, förderte der Bohrer zuerst Humus, dann Kies und schließlich weißen Meersand voller Muscheln, ja, sogar Walfischbein herauf. Nach zwanzig Fuß Sand kam wieder schwarze Erde, dann sogar ein Stück Redwood. Und all dies unter unseren Füßen. Zur Nachtzeit war es mir manchmal, als könne ich das Meer wie auch den Wald, der vor ihm da war, spüren." Erzähler in JENSEITS VON EDEN
Inmitten der Wirrnisse des Amerikanischen Bürgerkriegs wird Adam 1862 an der Ostküste, in Connecticut, geboren. Sein Vater Cyrus Trask kommt daraufhin nach einem nur sechswöchigen Kriegseinsatz auf einem Holzbein nach Hause – und mit einer Geschlechtskrankheit. Jene bleibt Adams Mutter nicht erspart und treibt die sich bereitwillig selbst als Opfergabe darbringende Mrs. Trask in die Verzweiflung und schließlich in den Tod. Adam ist ungefähr ein Jahr alt, als Cyrus` zweite Frau Alice seinen Halbbruder Charles zur Welt bringt. Adam und Charles lieben sich abgöttisch, doch Charles kann sich von einer Sekunde zur nächsten in einen hasserfüllten Tobsüchtigen verwandeln. Zu ihrem Vater, der sich als heldenhafter Veteran inszeniert, entwickeln die ungleichen Brüdern eine genauso ungleiche Liebe. Der eine durchschaut die Lügen des Vaters, der andere verehrt ihn. Als Cyrus den älteren Adam zum Militär schicken will, weil er seinen Erstgeborenen "mehr liebt", wird diese Unterredung unter Männern aus der Ferne vom Charles beobachtet.
"Du hast eine Frage gestellt. Ich muss sie dir wohl beantworten. Vielleicht ist es richtig, vielleicht auch nicht. Du bist kein heller Kopf. Du weißt nicht, was du willst. Du hast keinen echten Trotz. Du lässt dir von andern Leuten auf der Nase herumtanzen. Manchmal glaube ich, du bist ein Schwächling, der nie auch nur einen Schuss Pulver wert sein wird. Ist das die Antwort auf deine Frage? Ich liebe dich mehr. Das habe ich immer getan. Es mag falsch sein, es dir zu sagen, aber es ist wahr. Ich liebe dich mehr." Cyrus Trask zu seinem Sohn Adam
Charles` gewaltsame Eifersucht soll Adam fast das Leben kosten: Voller Jähzorn prügelt Charles auf Adam ein, will sich seinen geliebten Vater nicht wegnehmen lassen! Als Charles zum Schuppen rennt, um eine Axt zu holen, gehorcht Adam seinen Instinkten: "Die triebhafte Lebenswut einer Ratte überkam ihn. Er schleppte sich von der Straße weg in den Graben. Vorsichtig kroch er in das Wasser, bemüht, kein Plätschern zu verursachen." Aus Angst vor der Wut seines Vaters taucht Charles ab, treibt sich in Kneipen herum und kommt zwei Wochen später reumütig zurück. Adam hilft das alles nichts: Er muss in den Soldatendienst. Nach Alice‘ Tod wird Cyrus Trask nach Washington zum Militärstrategen befördert – und schließlich für seine Fabulierkunst belohnt. Charles führt ein einsames Farmerleben, kämpft gegen sich und das Land, wobei er sich eine tiefe, dunkle Narbe auf der Stirn zuzieht. Dreizehn Jahre sollen vergehen, bis sich die Männer wiedersehen: Adam, der verwahrloste Deserteur, und Charles, der mit einem Kainsmal gezeichnete Eigenbrötler.