"Straße der SA": Theater taucht ein ins Nordhorn der 30er-Jahre
Die Theaterwerkstatt Nordhorn zeigt im Stück "Lindenallee - Straße der SA" den erstarkenden Nationalsozialismus der 30er-Jahre. Das Besondere: Die Geschichte spielt nicht in einer abstrakten Ferne, sondern direkt in Nordhorn - an den Orten, die die Zuschauer kennen.
Eine halbe Stunde vor der Aufführung sitzt Katharina Munk vor dem Schminkspiegel. Kunstvoll werden ihr die Haare eingedreht. Die 22-Jährige spielt eine der Hauptrollen - und hat dabei einiges über die 30er-Jahre gelernt. "In der Schule hat man noch eine gewisse Distanz dazu bewahren können. Das ist mit diesem Stück und mit der Recherche vergangen" erzählt die Laienschauspielerin der Theaterwerkstatt Nordhorn. "Man weiß: Da ist das und das passiert, da bin ich selbst schon mal lang gegangen. Dann kriegt man einen ganz anderen Eindruck."
Schauplatz: Nordhorn Lindenallee
Das Stück spielt direkt in Nordhorn im Jahr 1932. Die Wirtschaftskrise sorgt für massenhafte Entlassungen in den Textilfabriken und dann wollen auch noch die Nazis im Arbeiterviertel aufmarschieren. Wie mit all dem umgehen? In einer Szene sitzen kommunistische und sozialdemokratische Arbeiter in einer Gaststätte und streiten über das richtige Vorgehen.
- Auch wir Sozialdemokraten wollen, dass der Lohnabbau gestoppt wird, aber ohne Gewalt, ohne Revolution und ohne Diktatur. Der Feind steht rechts!
- Wir müssen kämpfen! Es gibt keinen demokratischen Weg zum Sieg des Proletariats!
Szene aus dem Theaterstück
Die Arbeiterschaft ist gespalten in Kommunisten und Sozialdemokraten. Da ist diese Liebe eigentlich unmöglich: Katharina Munk spielt Anna, ihr Geliebter im Stück heißt Karl. Ihre Eltern sozialdemokratisch, seine kommunistisch.
- Ich weiß ja nicht. So wie die Alten sich gerade zerfleischen, ich kann's bald nicht mehr hören.
- Hach, ich kann meinen Vater bald auch nicht mehr hören mit seinem Klagen, dass ihr alle im Dienste Moskaus steht.
- Ach Anna, lass uns den Politik-Kram doch einfach vergessen.
Szene aus dem Theaterstück
Die beiden sitzen im Wald auf einer Bank und blicken versonnen in die Ferne. Von ihnen kann man etwas lernen, meint der Darsteller Julien Oelrichs. Er spielt Karl. "Vielleicht, wenn wir in unserer Gesellschaft etwas mehr Miteinander finden und mehr füreinander stehen als gegeneinander, dass wir dann eine Wiederholung der Geschichte verhindern können", sagt Oelrichs.
Autor Werner Rohr orientiert sich an historischen Tatsachen
Geschrieben hat das Stück der Nordhorner Regionalhistoriker Werner Rohr - orientiert an historischen Tatsachen. Im Jahr 1932 sei gesellschaftliche Spaltung so offensichtlich geworden wie selten. "Einmal die Spaltung in der Arbeiterbewegung, die ja letztlich sehr stark zum Sieg des Faschismus beigetragen hat und der Hass, den wirklich große Teile, in diesem Fall die Nazis und die Kommunisten gegeneinander hatten, der eine Verständigung, ja selbst ein gemeinsames Reden nicht mehr zuließ", erklärt Rohr.
Historisches Stück findet viel Anklang
Ein ernstes Thema, nachdem die Theaterwerkstatt Nordhorn in den vergangenen Jahren eher heitere Stücke auf die Bühne gebracht hat. Trotzdem findet es viel Anklang. 16 Vorstellungen sind restlos ausverkauft. Bei der Premiere sollen im Publikum Tränen geflossen sein. "Bedrückend und sehr realitätsnah, würde ich sagen, das ist das große Problem heutzutage", beschreibt ein Zuschauer seine Eindrücke. Ein anderer Besucher kommentiert folgendermaßen. "Es ist aktuell und ich würde sagen, dass man dieses Stück auch außerhalb Nordhorns spielen sollte."
"Straße der SA": Theater taucht ein ins Nordhorn der 30er-Jahre
Die Theaterwerkstatt Nordhorn thematisiert die NS-Vergangenheit der eigenen Stadt auf der Theaterbühne.
- Art:
- Bühne
- Datum:
- Ort:
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Kornmühle Nordhorn
Mühlendamm
48529 Nordhorn