Eine Frau geht unter eng mit den Armen miteinander verwobenen Tänzerinnen und Tänzern durch zu einer anderen Frau. © Theater Lüneburg Foto: Jochen Quast
Eine Frau geht unter eng mit den Armen miteinander verwobenen Tänzerinnen und Tänzern durch zu einer anderen Frau. © Theater Lüneburg Foto: Jochen Quast
Eine Frau geht unter eng mit den Armen miteinander verwobenen Tänzerinnen und Tänzern durch zu einer anderen Frau. © Theater Lüneburg Foto: Jochen Quast
AUDIO: "Das Innerste des Schweigens": Ballett zu Virginia Woolf in Lüneburg (4 Min)

"Das Innerste des Schweigens": Ballett zu Virginia Woolf in Lüneburg

Stand: 19.01.2024 06:00 Uhr

Die Werke der Schriftstellerin Virginia Woolf zeichnen sich durch innovative Erzähltechniken aus. Das Theater Lüneburg setzt das jetzt in Tanz um in der Choreografie: "Das Innerste des Schweigens".

von Katrin Schwier

Bei einer Soiree vor fast ausverkauftem Haus hat der Ballettdirektor Olaf Schmidt erklärt, wie er an diesen komplexen Stoff herangegangen ist. Auf der ganzen Bühne stehen Tänzer. Abwechselnd und unkoordiniert stürzen sie sich in eine ausladende Bewegung, die genauso abrupt endet, wie sie angefangen hat. Dazwischen eine Frau, die das Treiben interessiert beobachtet. "In der ersten Szene sehen wir die Virginia, wie sie versucht ihre eigenen Gedanken zu ordnen, ihre Gedanken in Bewegung zu setzen", erklärt Schmidt, "Synapsen versuchen sich zu verbinden und es entsteht ein unkoordiniertes Durcheinander, was dann immer geordneter wird."

"Stream of Consciousness" übersetzt in Tanz

Eine Gruppe Menschen in Abendkleidung präsentiert sich mit theatralen Gesten. © Theater Lüneburg Foto: Andreas Tamme
Die Tänzerinnnen und Tänzer der Lüneburger Kompanie stellen keine einzelnen Personen dar, sondern setzen die Erzählweise von Virginia Woolf in Tanz um.

Der Ballettdirektor bringt in seiner Choreografie zu Virginia Woolf nicht eines ihrer Stücke oder ihre Biografie auf die Bühne. Schmidt übersetzt ihre Erzähltechnik in Tanz: den "Stream of Consciousness", den Bewusstseinsstrom. Sein Wunsch war, in die Gedankenwelt von Virginia Woolf einzutauchen und "diesen 'Stream of Consciousness', den sie nicht erfunden hat, aber den sie ganz stark bedient hat, in Bewegung umzusetzen."

Virginia Woolf triff auf jüngeres "Ich"

Virginia Woolf trifft auf der Bühne nicht nur auf ihre Gedankenwelt, sondern auch auf ihr jüngeres "Ich". Olaf Schmidt setzt dafür zwei Tänzerinnen ein, die sich wie enge Freundinnen im Tanz umschlingen, dann wieder in Disharmonien auseinanderfallen, gezeigt durch verstörende eckige Bewegungen. Die Grenzen zwischen Tanz und Schauspiel verwischen. Es wird deutsch und englisch gesprochen.

Erinnerst Du Dich an den See?
Sie war ein Kind - between her parents.
... das den Enten Brot zuwarf. Bühnendialog

"Die ältere Virginia Woolf ist eigentlich permanent im Zwiegespräch mit ihrem ganzen Leben, also auch mit dieser jungen Virginia" erzählt Schmidt. "Dieses Selbstgespräch ist das, was mich interessiert hat, das Alter und die Jugend gleichzeitig auf die Bühne zu stellen."

Tanzende verkörpern sprunghafte Gedanken

Bei seiner Choreografie zu Virginia Woolf geht Olaf Schmidt neue Wege: Er hat sich entschieden, in den meisten Szenen den Tänzern keine Persönlichkeiten zu geben, sondern nur Gedanken und Gefühle. "Das bedeutet für die Tänzer, dass sie eine Gedankenwelt tanzen müssen und keine Figur verkörpern sollen. Und das gibt ihnen viel mehr Freiheit" betont Schmidt. Die Tänzer verkörpern diese sprunghaften Gedanken. Scheinbar chaotisch durcheinander wirbelnde Tänzer finden zu einer stimmigen Choreografie zusammen und fallen wieder auseinander in isolierte Bewegungen.

Humor trotz tragischen Todes

Die Tänzerin Irene La Monaca und der Tänzer Vicent Muñoz Amo auf der Bühne in einem Pas de Deux. © Theater Lüneburg Foto: Andreas Tamme
Die Tänzerin Irene La Monaca und der Tänzer Vicent Muñoz Amo auf der Bühne in einem Pas de Deux.

Das Leben von Virginia Woolf endet tragisch. Im Alter von 59 Jahren begeht sie Selbstmord. Auch das zeigt die Ballettchoreografie, aber anders als vermutet, sagt Co-Regisseur Boris von Poser. "Wir haben uns bewusst entschieden, nicht ein tragisches Ende zu wählen. Die Textstelle, die wir verwenden, stammt aus den 'Wellen' von Virginia Woolf", erklärt Poser. "Da hat sie auch Momente, die man ganz humorvoll sehen kann. In diesen letzten Momenten vor dem Tod gibt es Pointen, und das hat uns sehr inspiriert für den Schluss."

Ballettdirektor Olaf Schmidt und Co-Regisseur Boris von Poser wecken bei ihrer Einführungssoiree große Neugier beim Publikum. "Er sagte, dass keine Menschen tanzen, sondern Gefühle tanzen, das finde ich einen interessanten Ansatz", sagt ein Besucher der Soirée. Eine Besucherin findet den Ansatz des Ballettdirektors spannend. "Ganz neue Aspekte, diese Fragmente, es gibt keinen Roten Faden, es gibt keine Handlung." Eine andere Besucherin betont, "Wie man intellektuelle Konzepte als Tanz versucht darzustellen. Das ist mal was anders. Das finde ich gut."

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"Das Innerste des Schweigens": Ballett zu Virginia Woolf in Lüneburg

Die innovative Erzähltechnik von Virginia Woolf hat das Theater Lüneburg zu einer Tanzchoreografie inspiriert.

Datum:
Ende:
Ort:
Theater Lüneburg
An den Reeperbahnen 3
21335 Lüneburg
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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | 20.01.2024 | 07:40 Uhr

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