"Asche" feiert Premiere am Thalia Theater Hamburg
In der Regel kommen die Theatertexte von Elfriede Jelinek ohne jede klassische Handlung aus, auch Figuren gibt es nicht. Die Regie und das Ensemble müssen ihr Stück darin finden. Am Thalia ist das wunderbar gelungen.
Jette Steckel ist seit vielen Jahren Hausregisseurin am Hamburger Thalia Theater und hat sich nun der Herausforderung von Elfriede Jelinkes Stück "Asche" gestellt. Am Sonntag hatte "Asche" auf der kleinen Bühne des Theaters in der Gaußstraße Premiere.
Die Bühne befindet sich in der Mitte
Die Bühne ist eine Überraschung: Sie ist rund und befindet sich zudem in der Mitte des Raums, wie eine Manege. Die Zuschauerinnen und Zuschauer brauchen eine Weile, um ihren Platz zu finden, sie sitzen rund herum und werden an diesem Abend noch viele Kreise sehen und viel von Kreisen hören. Denn es geht um die Erde und den Kreislauf des Lebens.
Welche Anzahl von Welten nehmen wir an? Wie viele davon habe allein ich schon verbraucht? Allerdings glaube ich, dass die Welt eher mich verbraucht hat und nicht umgekehrt.
"Asche": Es geht um persönlichen Verlust des Partners
Der Klimawandel und seine dramatischen Folgen, die Ausbeutung der Erde durch den Menschen, ihr drohender Untergang: Das sind keine neuen Themen im Jelinekschen Text-Universum. Außerdem geht es in "Asche" um den ganz persönlichen Verlust, den des langjährigen Partners.
Am Ende wird ein Schiff kommen und mir den einen nehmen, den ich so liebe wie keinen. Er fehlt mir, ich habe ein glühend Messer in meiner Brust.
Herausforderung: Text von Elfriede Jelinek ist komplex
Lale Andersen und Gustav Mahler: Die "Lieder eines fahrenden Gesellen" sind ein roter Faden an diesem Abend, der dem Publikum gewohnt viel abverlangt, wie ein Gast sagt: "Es war einfacher den Bildern zu folgen als dem Text, weil die so gut waren."
Der Text ist komplex, schlägt halsbrecherische Volten, doch Jette Steckel und ihre Dramaturgin Julia Lochte haben ihren Weg gefunden, sie bündeln Themen. Aber vor allem schafft die Regisseurin eine optische Gegenwelt. Für die Kinder und Jugendlichen des Zirkus-Zartinka wird die Bühne zur Manege. Sie zeigen ihre akrobatischen Kunststücke beispielsweise an einem großen, schwarzen Kreuz, wirbeln durch einen leuchtenden Luftring, und einer folgt dem vierköpfigen Schauspielensemble bei einem der vielen Rundgänge auf der Drehbühne einfach auf den Händen. Wie hier Motive aus dem Text aufgenommen, ergänzt, teilweise umgekehrt werden, ist wunderbar.
Regisseurin Jette Steckel findet in der Düsternis Hoffnung
Jette Steckel gelingt es, in der Düsternis Hoffnung zu finden. Den Kreis nicht nur als Teufelskreis zu beschreiben, sondern auch als Anfang und Ende von Leben. Der Jüngste der Akrobaten mag vielleicht sechs, sieben Jahre alt sein, die großartige Barbara Nüsse ist 81. Wie sie, Franziska Hartmann, Jirka Zett und Björn Meyer immer mehr in den Text hineinwachsen, ihn nach anfänglichen kleinen Unsicherheiten mit Leben füllen, ihre Runden auf der von Florian Lösche so genial schlicht gestalteten "Erde" drehen, ist beeindruckend. Die Regisseurin verlässt sich ganz auf die Schauspieler, die Zirkuskinder und den Musiker Matthias Jakisic. Und am Ende stehen bei ihr, anders als bei Jelinek, die Worte:
Schöne Welt, nun fängt auch mein Glück wohl an.
Dann wird es dunkel und das ganze Ensemble jongliert mit beleuchteten Bällen. Ein Bild von großer Poesie, das all die Fragilität zeigt und stumm "trotzdem" sagt.
"Asche" feiert Premiere am Thalia Theater Hamburg
Ein Stück von Elfriede Jelinek mit einem herausfordernden Text. Regisseurin Jette Steckel meistert ihn wunderbar.
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Thalia Theater
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