"Der arme Jonathan" in Flensburg: Die Verlockungen des Reichtums
Ein Multimillionär bietet dem "armen Jonathan" an, seinen Reichtum zu übernehmen - unter einer tödlichen Bedingung. Die gleichnamige, selten gespielte Operette von Carl Millöcker feiert am Sonnabend Premiere in Flensburg.
Reiche Amerikaner waren schon 1890 ein spannendes Thema, um Interesse zu wecken. Heute denkt man vielleicht an Amazon-Chef Jeff Bezos, der sich ins All schießen lässt, oder den exzentrischen Elon Musk: Leute, die den besonderen Kick brauchen, weil sie alles andere langweilt. In der Operette geht es Millionär Vandergold ein wenig so. "Vandergold ist jemand, der das von klein auf kennt: überall hingehen zu können, wo er möchte. Alles erleben zu können, was er möchte. Da gab es noch nie Begrenzungen", erklärt dessen Darsteller Robin Neck. "Deshalb braucht er irgendetwas, was ihn sich lebendig fühlen lässt. Das ist in dem Fall ein geplanter Selbstmord." Bei Vandergold läuft es nämlich in der Liebe nicht so recht.
"Der arme Jonathan": Rollentausch mit tödlichem Ende?
Vandergold und Jonathan, der als Küchenhilfe arbeitet, treffen sich auf einer Party im Garten und beschließen, ihre Rollen zu tauschen. Vandergold stellt aber eine Bedingung auf: Beide sollen sich die Kugel geben, sobald einer von ihnen des Rollentauschs überdrüssig wird. Jonathan lässt sich darauf ein und gewinnt mit dem Reichtum im Rücken das Herz seiner Flamme Molly, die übrigens kein Problem hat, das Geld auszugeben. Gespielt wird sie von Koloratursopranistin Anna Avdalyan. "Als Dienerin hat sie Vieles gesehen und jetzt will sie einfach alles haben", erzählt Avdalyan. Wenn das mal gut geht.
Die Entwicklung der Operette
"Der arme Jonathan" ist ein spannender Stoff, der lange in der Versenkung verschwunden war und dann bis zur Unkenntlichkeit entstellt wurde. Carl Millöcker schrieb die Operette, als das Genre im Umbruch war, erklärt der Direktor des Operetta Research Center Amsterdam Kevin Clarke, der in Flensburg beim Musiktalk zu Gast war. Operetten galten immer als etwas weniger anspruchsvoll und auf Eingängigkeit getrimmter als Opern. "Die Wiener Operette war anfangs von der französischen Operette geprägt", sagt Clarke. "Da stand die möglichst entblößte, erotisch aufgeladene Primadonna im Zentrum: bei der 'Schönen Helena' und auch in der 'Fledermaus'. In den 1880er-Jahren wandelt sich das hin zu einer Operette, in der zwei männliche Hauptrollen als Slapstick-Komiker im Vordergrund stehen anstelle der Primadonna."
Später, im Nationalsozialismus, wurde das Stück komplett umgekrempelt. Alles Ausländische, und erst recht das Amerikanische, wurde umgedichtet und die Dialoge verschwanden - wie in vielen Operetten. "Dann ist plötzlich alles wie in solch einem Fantasie-Wiener-Operetten-Universum gelandet. Deshalb ist es für uns heute auch so unglaublich langweilig, weil wir denken: So ist Wiener Operette", erklärt Clarke.
Handgeschriebene Original-Partitur
Davon hatte sich das Genre nach dem Krieg erstmal nicht erholt. "Die klingen alle gleich. Da ist alles mit diesen Geigen-Saucen übergossen. Man denkt: Operette ist immer dasselbe": Dramaturgin Susanne von Tobien wollte zurück zu den Wurzeln. Die Originalfassung fand sie in einem Archiv im fränkischen Coburg. "Coburg ist eine große Operettenhauptstadt", sagt die Dramaturgin. "Dann haben die gesagt: 'Ja, hier ist die Partitur und wir haben Stimmenmaterial, original von 1890.' Das war natürlich ein immenser Glücksfall, denn selbst im Millöcker-Archiv: nichts. Insofern hatten wir Glück, dass uns das schnell zur Verfügung gestellt wurde. Natürlich alles handgeschrieben."
Und leider fehlerbehaftet: Damit begann erst die Arbeit für Regisseurin Kornelia Repschläger und die Landessinfoniker: "Unser Kapellmeister, der dirigieren wird, Sergi Roca Bru, hat da ganz viel Arbeit reininvestiert, das zu korrigieren und für heutige Musikeraugen schreiben zu lassen." Sie hat das Gefühl, dass sich die Mühe gelohnt hat, wenngleich sie die Textpassagen etwas kürzen musste, um den Abend auf zwei Stunden zu beschränken.
Am Sonnabend lüftet sich dann der Vorhang. Man darf gespannt sein, ob der reich gewordene arme Jonathan seinen Kopf aus der Schlinge ziehen kann - oder ob das überhaupt nötig ist.
"Der arme Jonathan" in Flensburg: Die Verlockungen des Reichtums
Ein Multimillionär bietet Jonathan an, seinen Reichtum zu übernehmen - unter einer tödlichen Bedingung. Die Operette feiert am Sonnabend Premiere in Flensburg.
- Art:
- Bühne
- Datum:
- Ende:
- Ort:
-
verschiedene Häuser in Schleswig-Holstein
- Preis:
- ab 25 Euro
- Hinweis:
- Flensburg (Stadttheater): 27. Januar, 30. Januar, 4. Februar, 22. Februar, 27. Februar, 6. März, 26. April
Rendsburg (Stadttheater): 11. Februar, 10. März, 17. März
Neumünster (Theater in der Stadthalle): 12. April
Itzehoe (theater itzehoe): 28. April