Tage des Exils: Nawalny-Witwe trifft auf Gidon Kremer
Julija Nawalnaja, die Witwe des russischen Dissidenten Alexej Nawalny, ist die Schirmherrin der "Tage des Exils in Hamburg". An ihrer Seite: der Geiger Gidon Kremer. Beide verbindet ihr Engagement für im Exil lebende Künstlerinnen und Künstler.
Der Kleine Saal in der Elbphilharmonie ist am Mittwochabend bis auf den letzten Platz besetzt. Wohl auch, weil erst vor ein paar Tagen die Bilder der Gedenkfeiern zum Todestag Alexej Nawalnys über die Bildschirme gegangen sind. Seine Witwe erinnert an das Datum, an ihren Mann als Oppositionsführer, und wen sie für seinen Tod direkt verantwortlich macht: "Am 16. Februar 2024 wurde mein Mann, der russische Oppositionsführer Alexej Nawalny, im Auftrag von Wladimir Putin im Gefängnis ermordet."
In ihrer auf Englisch gehaltenen Rede gab Julija Navalnaja eine Art Analyse für die Ursachen der zunehmenden Flucht ins Exil: zu viele Diktatoren, zu viele Politiker, die einfache Lösungen anbieten, und immer weniger demokratisch regierte Länder. Sie findet, den Demokratien gehe es derzeit nicht gut. "Dem Demokratie-Index des Economist zufolge leben nur acht Prozent der Weltbevölkerung in echten Demokratien. Niemand flieht aus einem demokratisch regierten Land", sagt Navalnaja - im Gegenteil. "Diese Länder nehmen mehr und mehr Exilanten auf. Aber wie lange noch?" Sie endete mit einem Dank für Länder wie Deutschland, die bereitwillig viele ihrer Landsleute aufgenommen haben, und betont ihre Entschlossenheit, Putins Regime zu bekämpfen. Es folgen Standing Ovations, rund zehn Minuten lang.
"Es geht nur darum, das Richtige zu tun"
Es folgt eine kurze Fragerunde zu ihrer augenblicklichen Situation, etwa, wie sie mit Angst im Alltag umgeht, die sie, trotz der Sicherheitsleute um sie herum, nicht vergessen kann. Das, was sie tut, gebe ihr Selbstvertrauen, meint Julija Navalnaja: "Ich denke, der beste Weg ist, nicht zu viel darüber nachzudenken. Es geht nur darum, das Richtige zu tun. Es geht nur darum, seine eigenen Überzeugungen zu haben.".
Der zweite Teil des Abends war ausschließlich musikalisch. Der deutsch-lettisch-russische Geiger Gidon Kremer hatte sein junges Ensemble aus Riga mitgebracht. Sie spielen Stücke zum Thema Exil - etwa von dem Ukrainer Valentin Silvestrov oder von dem aus Russland geflohenen Pianisten Victor Kissine sowie eine Alexej Navalny gewidmete Komposition.
Keine große Rede, aber berührende Musik
Allerdings gab es durchaus kritische Stimmen. Manche hatten mehr erhofft - von der Sicherheitskonferenz in München wie von Navalnaja - immerhin der Schirmherrin dieser Wochen des Exils in Hamburg. "Gerade in dieser Woche nach der Sicherheitskonferenz wäre es so wichtig gewesen, die aktuelle Situation im Zusammenhang mit ihrem Schicksal zu besprechen", meint eine Besucherin im Anschluss. "Und das war leider überhaupt nicht so. Sie hat gerade acht Minuten gesprochen." Keine große Rede also von Julija Navalnaja, aber ein - dank Gidon Kremer und seiner Kremerata Lettonica - musikalisch berührender Abend.
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