Stürmischer Applaus für "Rusalka" an der Staatsoper Hannover
Fischfrau verliebt sich in Menschenmann, doch zusammen kommen sie nicht – die Oper "Rusalka" von Antonín Dvořák feierte an der Staatsoper Hannover eine stürmisch umjubelte Premiere.
Die Bühne ist zum Guckkasten verengt, von einer niedrig abgehängten Decke fällt Licht auf übergroße, runde Steine. Darauf räkeln sich verführerisch junge Nixen. Sie necken Rusalka. Die Meerjungfrau hat sich unsterblich in einen Mann aus dem Menschenreich verliebt - scheinbar unerreichbar. Das Stück komme erst einmal mit einem märchenhaften Stoff daher, so Regisseurin Tatjana Gürbarca.
"Es gibt aber viel zu entdecken und man begreift plötzlich, dass es doch sehr auch um uns geht als Gesellschaft oder unsere Hoffnung, unsere Träume. Und darüber hinaus steht Rusalka als Personen natürlich wirklich im Sinne von Camus für die Fremde, die mit liebenden Augen auf unsere Welt und unsere Gesellschaft blickt und dabei aufdeckt, was bei uns alles verkehrt ist."
Naive Rusalka in der Menschenwelt
Neid und Missgunst schlägt Rusalka in der Welt ihres Geliebten entgegen – leidenschaftlich wie arrogant gestaltet von Tenor Gerard Schneider. In einen Menschen verwandelt soll sie sich in seiner feinen Gesellschaft zurechtfinden. Die kommt klassisch-protzig ausstaffiert daher, mit funkelnden Edelsteinen und langen wallenden Seidenroben. Rusalka, unsicher in der Menschenwelt und naiv, hat Kostümbildnerin Barbara Drosihn im starken Kontrast dazu in ein blasses, hochgeschlossenes Alltagskleid gesteckt.
Ob sehnsuchtsvoll und expressiv, wie in der lyrischen Mond-Arie, oder wütend und verzweifelt dem Wassermann gegenüber, dem sie ihr Leid klagt: Die Sopranistin Kiandra Howarth beeindruckt in ihrer Rolle sowohl stimmlich als auch durch eine enorme Präsenz auf der Bühne. Die Vorbereitung darauf habe ihr viel abverlangt, sagt die gebürtige Australierin. "Ich war noch nie die ganze Oper lang in einer Partie auf der Bühne. Das war ein sehr harter physischer, aber auch emotionaler Prozess für mich."
Vorbereitung mit Ingeborg Bachmanns "Undine geht"
Die Mezzosopranistin Monika Walerowicz, die eine Sonnenbrille und grobmaschige Netzstrümpfe trägt, gibt herrlich schräg die Zauberin Ježibaba. Der Bass Shavleg Armasi spielt die Rolle des väterlichen Wassermannes. Die Regisseurin Tatjana Gürbaca erfreut sich immer wieder daran, wenn die Musik an Wagner anklingt. Gürbaca hat zur Vorbereitung auf die Inszenierung auch Ingeborg Bachmanns Essay "Undine geht" gelesen.
"Die Liebe ist bei Ingeborg Bachmann ja wirklich eine Kraft, die einen Riss in die Konventionen der Gesellschaft reißt. Aber das ist auf Dauer nicht lebbar, nicht durchzuhalten, weswegen bei Ingeborg Bachmann die Liebe ganz selbstverständlich auch zu einer todbringenden Kraft wird. Sie duldet keine Vergangenheit und keine Zukunft, sondern kennt nur die Gegenwart."
Ensemble der Staatsoper Hannover erntet stürmischen Beifall für "Rusalka"
Die Gegenwart endet mit einem Todeskuss. Rusalkas Blick geht gen Himmel in die Ewigkeit. Klaus Grünbergs durchgehend eher klassisches Bühnenbild erinnert hier mit weit in den Raum ragender, abgehängter Decke und runden Seesteinen, die wie Planeten in der Luft hängen, an Raumschiff Enterprise. Es ist eine Inszenierung, die einen emotional tief hineinzieht in das Leiden an einer unmöglichen Liebe – und die das Publikum am Ende mit stürmischem Beifall feiert.