Ein Leben voller Zufälle: Bärbel Röhl wird 75
Von der unvergessenen Gretchen-Darstellerin in Schwerin bis zur gefeierten Oma im Musical "Abenteuerland": Bärbel Röhl, geboren in Kargow bei Waren an der Müritz, hat ein bewegtes Künstlerleben. Heute feiert sie ihren 75. Geburtstag.
Fast hätte sie sich das Geburtstagsständchen selbst gesungen, denn erst vor ein paar Tagen endete das Musical "Abenteuerland" in Düsseldorf. Darin spielte und sang Bärbel Röhl die Rolle der Oma Lena. In Schwerin ist sie als Gretchen in der Faust-Inszenierung von Christoph Schroth am Mecklenburgischen Staatstheater unvergessen. Aber es gibt auch unbekanntere Seiten der Schauspielerin, die vor 75 Jahren in Kargow, in der Nähe von Waren an der Müritz, geboren wurde.
Eigentlich wollte sie Landwirtschaft studieren
Was auch immer Bärbel Röhl wollte, das Leben schien zu sagen: Vergiss es. Eigentlich wollte sie Landwirtschaft studieren, doch sie wurde Schauspielerin. Erste Bühnenerfahrungen machte sie zu Schulzeiten und erinnert sich: "Die Schauspiellehrerin, der ich versprochen hatte, dass ich Schauspielerin werde, hatte Krebs bekommen und lag da und erkannte niemanden mehr. Ich habe sie einmal die Woche besucht. Plötzlich wurde sie wach, erkennt mich und fragt, ob ich mich an der Schauspielschule beworben hätte. Da habe ich einfach ja gesagt und mir gedacht: Wenn sie jetzt stirbt und ich mit dieser Lüge auf dem Gewissen zurückbleibe, halte ich das nicht aus." Sie hätte sich dann ganz schnell beworben, sei sofort angenommen worden und dann einfach zu faul gewesen, sich noch für Landwirtschaft zu bewerben.
"Habe die Gretchen so hingerotzt" - Christoph Schroth fand's gut
Nach dem Studium in Leipzig kommt sie ans Mecklenburgische Staatstheater. 1979 soll sie in der legendären "Faust"-Inszenierung von Christoph Schroth das Gretchen spielen, doch sie will nicht. "Doch dann hat Schroth gesagt, wir machen mal eine 'Proben-Probe' - und ich habe Gretchen so hingerotzt", erinnert sich Röhl lachend. "Er fand dann gerade dieses Hingerotzte gut. Da habe ich Pech gehabt, musste sie also doch spielen."
Zehn Jahre lang geht der sechsstündige "Faust" über die Bühne. Die über 100 Vorstellungen sind alle ausverkauft. Im Sommer 1989 fällt für Faust der letzte Vorhang, fünf Monate später die Berliner Mauer. 1992, kurz vor der Unkündbarkeit, kündigt Röhl im Theater und geht nach Indien.
Reise nach Indien: Selbsterkenntnis und Heilung
Es ist ein Land, das sie vieles lehrt, etwa: "Dass ich nicht der Nabel der Welt bin, dass es nicht wichtig ist, Schauspielerin zu sein", so Röhl. "Was mit meinem Land passiert war, dass in Deutschland gerade alles zusammengebrochen war, das hat die überhaupt nicht interessiert. Da lagen die Hungernden am Wegesrand, die hatten viel wichtigere, existentiellere Probleme. Wenn mich die Leute dort mochten, denn wusste ich: Die mögen mich und nicht die Schauspielerin." Die Inder bringen ihr Prana-Healing bei, das Heilen durch Anzapfen der Lebensenergie.
Sie kehrt schließlich zurück nach Deutschland und zieht nach Berlin. Hier ändert sie, arbeitslos geworden, ihre Sicht auf Serien. Eigentlich hielt sie diese für "Volksverdummung". "Doch dann habe ich's gemacht und es hat viel Spaß gemacht."
Unterwegs mit französischen Chansons
Röhl spielt mit in "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" und geht ihrer zweiten Leidenschaft nach, dem Heilen. "Ich wollte nur noch heilen und mein damaliger Lebensverschönerer wollte, dass ich wieder auf die Bühne gehe", erinnert sich Röhl. "Da hat er mich mit den Chansons gelockt. Und ich mochte französische Chansons." Zusammen mit L'Art Passage tourt sie mit Chansons von Barbara durch Deutschland, der Schweiz und Frankreich. Eine CD entsteht.
2019 kehrt sie von Berlin zurück nach Mecklenburg. "Un denn heff ik dacht, oh dat is as wenn mi mine Wörteln wassen wedder", erinnert Röhl ihre Rückkehr und fällt dabei gleich ins Platt.
Heimkehr nach Mecklenburg und ein letztes Bühnenabenteuer
Eigentlich will sie dann weg von der Bühne, gibt Chanson-Abschiedskonzerte, aber das "Abenteuerland", das Musical mit Hits der Band Pur, sucht noch eine Oma. 18 Monate lang singt sie vor Tausenden Leuten die Oma Lena. "Es war grandios, die haben mir gesagt, ich hätte die Produktion getragen", schwärmt die Schauspielerin. Und fügt lachend hinzu: "Das darf ich nicht laut sagen, dann kriegen die anderen die Motten!"
