"Der BigMac der Musikliteratur": Carmina Burana feiert Premiere
Mit Carmina Burana schuf Carl Orff 1935/36 eines der populärsten Werke des 20. Jahrhunderts. Und polarisierte. Von den einen wurde sein Werk gefeiert, von den anderen verschmäht. Heute gilt es als Klassiker und wird nun im Staatstheater in Braunschweig aufgeführt.
Es ist ein gewaltiges Bühnenerlebnis im Großen Haus des Braunschweiger Staatstheaters, das Tanz, Gesang und Rhythmus miteinander vereint. Orffs Liedtextsammlung besticht durch einen intuitiven Zugang zum Klang, zeichnet sich aus durch mitreißende Rhythmen, verwoben mit volkstümlichen Klängen, erklärt Choreograph Gregor Zöllig: "Das ist ein Feuerwerk von ganz vielen unterschiedlichen Emotionen, nicht nur tänzerisch, sondern auch musikalisch. Das ist sozusagen der BigMac der großen Musikliteratur. Wir kennen diese Musik, das sind so viele bekannte Melodien. Wir kennen sie aus der Werbung und es verhandelt halt weltliche Themen, die menschliches Zusammenleben ausmachen."
Alte Sprache, die bis heute nichts an Bedeutung verloren hat
Und zwar weltliche Themen, die die Menschen damals bewegten. Die Texte in mittelhochdeutscher, lateinischer und französischer Sprache stammen zwar aus dem 11. und 12. Jahrhundert, sie haben aber bis heute nichts an ihrer Bedeutung verloren. Zöllig und sein Team wollten genau das auf die Bühne bringen. "Wir haben die Texte gelesen, die Musik gehört und versucht, Bilder dafür zu finden, die uns heute betreffen. Damals hat man geliebt und heute hat man das auch. Damals hat man ein Bedürfnis nach Sicherheit gehabt und heute hat man das auch. Damals gab es wechselhafte Zeiten und heute gibt es das auch", so Zöllig.
Bewegungen übersetzen Themen wie Ausgrenzung und Leidenschaft
Und das ist ihnen kunstvoll gelungen. 15 Tänzerinnen und Tänzer bewegen sich mit eindrucksvoller Körperspannung und Ausdauer aufeinander zu, voneinander weg und übersetzen eine Bandbreite an Themen, wie Gemeinschaft und Ausgrenzung, Leidenschaft, Trauer und Abhängigkeit in spannungsgeladene Bewegung. Dramaturgin Ira Goldbecher: "Wir haben hier einen Kometen, oder eine Gruppe definiert, Identitäten findet, aber eben auch ausgrenzet, dieser Komet beeinflusst alles. Und das ist der äußerliche Rahmen und der hält natürlich auch alles, was inhaltlich in den Liedern passiert und in der Choreographie transportiert wird."
Größte Produktion in der Geschichte des Staatstheaters
Mit mehr als 180 Beteiligten, darunter neben den Tänzern 65 Musiker und 100 Sänger, ist die Carmina Burana die größte Produktion in der Geschichte des Staatstheaters Braunschweig - zumindest, wenn man auf die Zahl der Mitwirkenden schaut. Für Dramaturgin Ira Goldbecher eine Herausforderung: "Natürlich ist so spartenübergreifendes Arbeiten total schön, aber es ist auch ein extrem anstrengendes Arbeiten. Weil natürlich die Prozesse in den einzelnen Gewerken, in den einzelnen Abteilungen optimiert sind. Und jeder Künstler oder Künstlerin hat andere Bedürfnisse. Im Tanz haben wir ganz andere Bedürfnisse als das Orchester, als das Sängerensemble, und deswegen ist natürlich das schwierige in den Prozessen, die hinter und vor der Bühne passieren, da auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen." Der Besucher merkt davon nichts. Das Zusammenspiel von Musik und Tanz, von Vergangenheit und Gegenwart wirkt ansteckend, und lohnt sich, anzuschauen.
Die szenische Kantate "Carmina Burana" können Sie bis zum 18. Februar im Staatstheater in Braunschweig erleben.