Gewölbe des Himmels
Vorgestellt von Anette Schneider
Wir kennen ihn aus Museen, aus den Abteilungen für alte Kunst: Den Blick von Gläubigen gen Himmel. Hinauf zu Gott. In das erhoffte Jenseits. Auch der Fotograf Florian Monheim hat nach oben geguckt: Sein Bildband "Gewölbe des Himmels" versammelt auf 208 Seiten 120 farbige und ganzseitige Blicke an die Decken von Kirchen, Klöstern und Kathedralen. Und er birgt eine Gefahr in sich: süchtig zu werden nach mehr...
Die Phantasie von Formen und Ausschmückung scheint grenzenlos
Hochauf schießen die Kirchenpfeiler, verzweigen sich an der Decke in Bögen, und beginnen dort ein schier unendliches Formenspiel: Sie bilden klare Kreuzbögen, streben strahlenförmig einem Mittelpunkt zu, spinnen zarte Netze über das Deckengewölbe, oder werden zu grandiosen Fächergewölben, die sich an der Decke spreizen wie gigantische Palmenwedel.
In der Gotik schufen Baumeister gen Himmel strebende Kirchen, und entwarfen in ihren Innenräumen spektakulärere Gewölbeformen, die den Gesetzen der Statik zu trotzen scheinen. Der Fotograf Florian Monheim richtet den Blick auf diese "Gewölbe des Himmels": 120 großformatige, ganzseitige Abbildungen dokumentieren seine Entdeckungen in romanischen, barocken, vor allem aber gotischen Kirchen Europas, und drohen beim Betrachten süchtig zu machen: die Phantasie von Formen und Ausschmückung scheint grenzenlos. Vor allem die englischen Kathedralen rauben einem den Atem.
"Im Denken der abendländischen Welt gilt die Tradition, Werte in vertikalen Maßstäben zu definieren. Das Gute, Wertvolle, ist oben, das Schlechte, Minderwertige unten. Wer es in der Gesellschaft geschafft hat ist oben, steht an der Spitze, der Rest dümpelt in inferiorer Mittelmäßigkeit dahin oder bildet gar den Bodensatz, ist ganz unten." (Zitat)
Schreibt Barbara Schock-Werner in ihrem Vorwort. Schock-Werner ist die Dombaumeisterin zu Köln, weiß, wovon sie spricht, und erdet in ihrem Text die gen Himmel strebenden Gewölbe: Sie ordnet sie historisch ein, macht deutlich, dass Architektur Ideologie spiegelt, und Herrschende ihre Macht stets auch mithilfe von Religion legitimierten: Schon die Griechen setzten ihre Götter auf den Olymp, nahe des Himmels.
"Die Kirchen und ihre Gewölbe waren für den mittelalterlichen Menschen auf jeden Fall ein Abbild des Himmels. Das himmlische Jerusalem, das der Gläubige erreichen konnte, wenn er ein gottesfürchtiges Leben führte." (Zitat)
So entdeckt man auf den Bögen kleine, aus Stein gearbeitete Rosetten in Blüten und Tierformen, Engel mit riesigen Flügeln, Eulen und Schutzheilige. Und über die Decke ranken abstrakte und ornamentale Muster, zarte Gräser, Blumen und Papageien.
"Von dort kommt der heilige Geist in Gestalt einer Taube, und so soll der Blick nach oben, auf die Kirchendecke, eine kleine Vorahnung geben von künftigen himmlischen Freuden." (Zitat)
Dank des großartigen Bildbandes kann man die nun hier und jetzt und ganz irdisch erleben. Dabei wurden den Abbildungen jeweils kurze Baugeschichten gegenübergestellt. Ein Glossar rundet das Ganze ab, womit der Band ein diesseitiges, und doch sehr erhebendes Erlebnis bildet.
Gewölbe des Himmels
- Verlag:
- Collection Rolf Heyne
- Bestellnummer:
- 978-3899104752
- Preis:
- 98,00 €