"Wo ich wohne, ist der Mond ganz nah": Das Streben nach Aufstieg
Die südkoreanische Autorin Cho Nam-Joo wurde vor drei Jahren schlagartig bekannt, als ihr Roman "Kim Jiyoung, geboren 1982" weltweit ein Bestseller wurde. In ihrem neuen Roman erzählt Cho Nam-Joo von einfachen Menschen, die kaum vorankommen und es dennoch jeden Tag versuchen.
Am Anfang steht ein Umzug. Mani, Ende 30, ordnet ihre Habseligkeiten - viel ist es nicht. 36 Jahre hat sie in dem winzigen Haus in einem der ärmsten Stadtteile von Seoul verbracht. Zeit eine erste Lebensbilanz zu ziehen:
Man kann dem menschlichen Gedächtnis nur dankbar sein. Manchmal fühlt sich die Erinnerung an die unerfreulichen Dinge und an eine von Arm geprägte Kindheit regelrecht romantisch an. So ist das mit "vergangenen Dingen". Man kann mit einem Lachen darüber sprechen, man kann verzeihen, man kann sie als Andenken verpacken. Und doch würde es einen schaudern, wenn man gesagt bekäme, man solle noch einmal in jene Zeit zurückkehren. Leseprobe
Wo also steht sie jetzt und was wünscht sie sich vom Leben? Als Kind hätte Mani diese Frage, ohne zu zögern beantworten können. Sie wollte Kunstturnerin, Olympiasiegerin werden, wie ihr großes Vorbild Nadia Comăneci.
Manis Eltern kratzen alle Ersparnisse zusammen, um ihre Tochter in einer privaten Turnschule anzumelden. Dort ist sie jedoch mangels Talents überfordert und kommt in der Welt der privilegierteren Kinder nicht zurecht. So platzt der große Lebenstraum und auch später wird es Mani nicht schaffen, aus der prekären Welt ihrer Eltern auszubrechen.
Die südkoreanische Autorin Cho Nam-Joo erzählt die Geschichte ihrer Protagonistin in Rückblenden, sehr nüchtern, fast lapidar. Manchmal allerdings auch unnötig explizit und derb. Sprachlich bleibt der Roman, der im Original bereits 2016 erschien, hinter dem Bestseller "Kim Jiyoung, geboren 1982" zurück.
Die Familie steht vor einem Dilemma
Mani ist mittlerweile erwachsen und - unverheiratet:
Um ehrlich zu sein, nicht aus Überzeugung, sondern zwangsläufig. Ich hätte schon gerne geheiratet, aber außer sieben verheirateten Männern und vier alten Junggesellen, die keine Freundin hatten und auch unmissverständlich erkennen ließen, weshalb dies so war, gab es in der Firma einfach niemanden, den ich hätte treffen können. Leseprobe
Ende 30, unverheiratet, keine Kinder; über Mani wird im Viertel getuschelt, sie schämt sich, fühlt sich nutzlos. Dann verliert sie auch noch ihre Arbeit und kann ihre Eltern, bei denen sie lebt, nicht weiter unterstützen. Die Lage spitzt sich zu. Bis es unerwartet doch Hoffnung gibt. Dafür müsste die Familie, die sich nie etwas zuschulden hat kommen lassen, allerdings betrügen. Wie wird sie sich entscheiden? Hat sie überhaupt eine Wahl?
"Wo ich wohne, ist der Mond ganz nah" ist die berührende Geschichte einfacher Menschen, die aufgrund ihres Status und ihrer geringen finanziellen Mittel kaum vorankommen und es dennoch jeden Tag versuchen.
Wo ich wohne, ist der Mond ganz nah
- Seitenzahl:
- 288 Seiten
- Genre:
- Roman
- Zusatzinfo:
- Aus dem Koreanischen von Jan Henrik Dirks
- Verlag:
- Kiepenheuer & Witsch
- Bestellnummer:
- 978-3-462-00583-7
- Preis:
- 23 €