"Wir haben die Wahl": Cartoon-Sammlung wirkt sofort und böse
In Hamburg setzt sich das LawCom-Institute für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ein. "Wir haben die Wahl" heißt nun ein frisch erschienenes Buch mit Cartoons unter anderem des Hamburger Zeichners Til Mette.
"Wir haben die Wahl - Cartoons und Demokratie" - so war eine Podiumsdiskussion auf der Leipziger Buchmesse überschrieben. Derweil hängen in Hamburg St. Pauli Plakate mit einer Donald-Trump-Karikatur, die an Direktheit keinen Zweifel lässt: da ermordet eine Witzfigur die Demokratie. Das Motiv stammt aus einem Comic-Band, den Christian Langer herausgegeben hat: "Was wir an Cartoons so toll finden ist, die kommen ganz schnell und präzise auf den Punkt, ohne Umschweife. Die sind direkt, schonungslos und sehr ehrlich. Aber, sie sind immer so, dass man überhaupt nicht anders kann, als sich damit zu beschäftigen. Das ist so eine fantastische Kunst, dass wir dann gesagt haben: lass sie uns doch bitte für ein nicht leichtes Thema nutzen."
Ihr Thema ist Rechtsstaatlichkeit. Für Christian Langer und das von ihm mitbegründete Hamburger LawCom-Institute ist das schlicht die Grundlage unseres Zusammenlebens. In der Denkfabrik arbeiten Juristinnen, Rechts- und Kommunikationswissenschaftler sowie Politiker und Journalisten daran, die Demokratie zu stärken. Daran arbeitet sich auch Til Mette ab. Seit Jahrzehnten schon, unter anderem im Magazin "Stern". Der Hamburger Maler, Zeichner und Cartoonist zeigt auf einem Cartoon zwei Frauen und einen Mann, die bei einem Glas Wein im Wohnzimmer sitzen. "Es ist ein klassisch bürgerliches Szenario", beschreibt Mette das Bild. "Die Textblase ist dann aber umso irritierender und das macht dann die Fallhöhe zwischen Text und Bild aus. In dieser Textblase sagt der Mann zu der Frau, die ihm gegenübersitzt: 'Um uns später keine Vorwürfe machen zu müssen, haben wir schon mal einen Juden im Keller versteckt‘."
Vergleich macht internationalen Karikaturensammlung reizvoll
Der Cartoon wirkt sofort, unmittelbar, böse. Wie Til Mettes Zeichnung von einer Synagoge, die mit vier Hakenkreuzen beschmiert ist. Ein Fernsehreporter steht davor und spricht folgenden Satz in die Kamera: "Die Polizei schließt antisemitische Motive bei diesem Anschlag nicht völlig aus", liest Til Mette vor. "Das ist tatsächlich fast wörtlich übernommen aus vielen Erklärungen nach antisemitischen Anschlägen, wo ich immer gedacht habe: Sag‘ mal, habt ihr nicht alle Tassen am Schrank? Traut ihr euch so vor die Kamera zu treten? Ich habe tatsächlich mit dieser Zeichnung nur das gezeichnet, was ich auch gehört habe."
So krass wie Til Mette sind eigentlich nur die Cartoons aus Deutschland, Frankreich, England und den USA. Deren Bildsprache unterscheidet sich sehr von den Kolleginnen und Kollegen etwa aus Indien, Jordanien, Polen oder der Ukraine. Gerade der Vergleich macht den großen Reiz dieser internationalen Karikaturensammlung aus. Allen gemeinsam ist dabei die Sorge um die Einschränkungen der Presse- und Meinungsfreiheit, die Bedrohung von Demokratie durch Zensur und oft nackte Gewalt. "Dieser Spruch wehrhafte Demokratie, das ist oft eine hohle Blase", sagt Mette, "aber wir müssen tatsächlich wehrhaft werden. Wehrhaft heißt mit allen Mitteln."
Wucht und Wirkung der Cartoons überschaubar
Auch wenn Til Mette seit Jahrzehnten Leser in Zeitungen und Zeitschriften Woche für Woche erreicht, sieht er Wucht und Wirkung seiner gründlich durchdachten Wahrheiten realistisch: "Es wird kein Nazi durch dieses Buch auf eine andere Idee kommen, dass er sich vielleicht mehr um Rechtsstaatlichkeit oder Demokratie kümmern soll. Das schaffen solche Bücher nicht. Solche Bücher sind toll, wenn sie in die Schulen kommen, wenn ein Lehrer diese Bücher zur Bildanalyse nimmt und den Schülern das vorstellt. Dafür sind diese Bücher toll".
Wir haben die Wahl - Internationale Cartoons zu Demokratie und Rechtsstaat
- Seitenzahl:
- 128 Seiten
- Verlag:
- Lappan
- Veröffentlichungsdatum:
- 25. März 2024
- Bestellnummer:
- 978-3-8303-3682-2
- Preis:
- 18 €