Pünktlich zum Start der WM in Katar: Neue Fußballbücher
Wir stellen drei neue Bücher zum Thema Fußball vor: "Lob des Dribbelns" von Olivier Guez, "Um jeden Preis" von Christoph Biermann und "Links kickt besser" von Klaus-Dieter Stork und Jonas Wollenhaupt.
Pünktlich zum Start der Fußball-WM in Katar haben Schriftsteller zur Feder gegriffen, um ihrer Leidenschaft für den Sport, aber auch ihrer Enttäuschung über bestimmte Entwicklungen im Fußball Luft zu machen.
"Lob des Dribbelns" über den Mythos des südamerikanischen Fußballs
Der französische Schriftsteller Olivier Guez erinnert sich gern an seine erste Fußball-Weltmeisterschaft. 1982 war er acht Jahre alt und als er die Spiele aus Spanien im französischen Fernsehen verfolgte, fühlte er sich plötzlich als Teil einer großen Weltgemeinschaft. Klar kickte er auch selbst auf der Straße. In seinem Buch "Lob des Dribbelns" schreibt er über die Leidenschaft und den Mythos des südamerikanischen Fußballs, denn die Brasilianer und Argentinier hatten es ihm besonders angetan. Heute zitiert er gern den Historiker David Goldblatt mit seinem Satz "Der Fußball ist die Soap Opera unserer Zeit": "Es hat mit Geld zu tun, mit Politik, mit Finanzen, mit Marketing. Es ist wirklich die Soap Opera der heutigen Welt. Wenn man Globalisierung verstehen möchte, muss man unbedingt Fußball studieren." Globalisierung mit allen Sonnen- und Schattenseiten.
"Um jeden Preis": Geht es überhaupt noch um die Fans?
Der Sportjournalist Christoph Biermann rekonstruiert in seinem Buch "Um jeden Preis" die "wahre Geschichte des modernen Fußballs von 1992 bis heute". Globalisierung und Ökonomisierung gehen dabei Hand in Hand. Einführung des Privatfernsehens verbunden mit drastischen Preissteigerungen bei der Vermarktung von Übertragungsrechten, immer mehr schwindelerregende Gehälter für die Spieler - Fans fühlen sich dabei oft abgehängt. "Aufgrund der Dominanz des Ökonomischen haben wir ganz oft ein Gefühl von Verlust, von Entfremdung, weil man das Gefühl hat, um mich als Zuschauer geht es gar nicht mehr, hier werden eigentlich nur globale Märkte bewegt, hier interessiere ich nicht, hier interessiert auch nicht unbedingt der Fußball. Das ist so ein bisschen die Doppelgesichtigkeit der Entwicklung", erklärt Biermann.
"Links kickt besser" über den Zusammenhang von Fußball und Politik
Klaus-Dieter Stork und Jonas Wollenhaupt behaupten in ihrem Buch "Links kickt besser", dass Fußball und Politik niemals voneinander getrennt waren. Was aber macht den Unterschied zwischen links und rechts beim Fußball? "Linker Fußball ist emanzipatorische Sinnlichkeit in der Praxis", so Klaus-Dieter Stork. "Oder anders ausgedrückt - wie Schiller sagt: Erst beim Spielen wird der Mensch ganz Mensch. Linker Fußball ist also elegant, kämpferisch und emanzipativ auf der einen Seite. Während rechter Fußball chauvinistisch, nationalistisch und autoritär ist."
Mehr Gerechtigkeit im Fußball gefordert
All diesen Büchern ist gemein: Die Begeisterung für den Fußballsport, die bei allen seit den Kindertagen das Leben bereichert, hat sehr gelitten. Melancholie allerorten! Manchmal auch ein Jammern nach dem Motto: Früher war alles besser. Aber da ist auch Hoffnung, dass sich auch die Fußballwelt wieder ändern lässt.
"Es wäre zu ändern, wenn man endlich eine Höchstgrenze bei Spielergehältern einführt, weil es absurd ist, wenn Fußballer 500 Millionen Euro verdienen wie Messi oder Ronaldo", sagt Klaus-Dieter Stork. "Es wäre zu verändern, indem man wirkliche Wettbewerbsgleichheit und Chancengleichheit herstellt, indem man die ganzen Fernsehrechte, die Gelder, die eingespielt werden, gerechter verteilt, als das bisher der Fall ist."
Für Stork und Wollenhaupt ist der Frauenfußball der Joker. Und auch Christoph Biermann denkt, dass die Männer von den Frauen lernen können. Auf jeden Fall glaubt er, dass die ungleiche Verteilung der Aufmerksamkeit zwischen Männern und Frauen bald vorbei sein könnte: "Ich bin mir relativ sicher, dass der Fußball der Frauen gerade eine steile Entwicklung durchläuft und dass da noch Einiges passieren wird."
Was ändert ein Boykott der WM in Katar?
Und Katar? Was ist dazu zu sagen? "Ich finde, es ist eine Schande, dass die WM in Katar ist", meint Olivier Guez. "Man kennt jetzt diese Geschichten, wie viele Arbeiter tot sind, die die Stadien gebaut haben. Für den Klimaschutz ist es eine Katastrophe. Es gibt keine Fußball-Tradition. Es ist schrecklich für Frauen, schrecklich für Homosexuelle. Es ist schrecklich für alles. Wirklich."
Ein WM-Boykott der Fans - davon ist jetzt viel die Rede. Würde der etwas ändern? "Ich bin gespannt, ob jetzt die Einschaltquoten signifikant in den Keller gehen", sagt Christoph Biermann. "Ich glaube, dass sich das viele nicht anschauen werden. Aber wie viele 'viele' sind, das weiß ich nicht. Ob dieser laute Protest, den man überall sehr gut hören kann, repräsentativ für die Mehrheit ist - ich bin wirklich gespannt."
"Wir haben als Konsumenten, als Fans nur eine Chance, diese Tendenz zu unterbinden: indem wir uns ihr verweigern. Deshalb werde ich mir kein Spiel bei dieser WM ansehen", kündigt Klaus-Dieter Stork an.
Olivier Guez weiß es noch nicht so genau, aber: "Sicher ist, dass ich nicht das erste Spiel zwischen Katar und Ecuador angucken werde. (lacht)"