"Poemwalk": Mit Gedichten im Ohr durch Altona
Eine Hamburger Künstlerin hat an verschiedenen Orten in Altona Hörstationen installiert, an denen man jetzt den ganzen Sommer über auf dem Smartphone Gedichte anhören kann.
Am Altonaer Balkon weht ein leichter Wind, der Ausblick geht weit über den gesamten Hafen. An der Brüstung hängen zwei Schilder mit QR-Code und der roten Aufschrift Hörstation, Poemwalk. Mit dem Smartphone scannt man schnell den Code und lauscht in Ruhe.
Anja Reimers hat sich den Poemwalk ausgedacht. Sie hat die kurzen Gedichte geschrieben und eingesprochen: "Ich habe mir etwas dabei gedacht, warum diese Orte und warum diese Texte." Die Hamburger Künstlerin arbeitet viel mit Lyrik und bringt sie mit Aktionen, wie dieser, immer wieder in den öffentlichen Raum: "Lyrik rauszubringen und an den Ort zurückzubringen, von wo sie auch zu mir kommt, denn das bekommt ja auch durch das Miteinander den Impuls."
Poemwalk: Fünf Hörstationen mit Lyrik in Hamburg-Altona
Und den öffentlichen Raum mitzugestalten ist für Anja Reimers immer auch ein politischer Akt, weil er uns allen gehört, sagt sie: "Es wirkt anders, wenn ich an einem Ort stehe und hier zum Beispiel auf einen Hafen schaue, als wenn ich zu Hause sitze und das in einem Buch lese."
An fünf Hörstationen gibt es beim Poemwalk Lyrik für unterwegs. Man kann gezielt, wie bei einer Art Schnitzeljagd mit der digitalen Karte die Stationen ablaufen, oder entdeckt die QR-Codes zufällig, wie eine Mutter mit ihrem Kind beim Warten auf die Fähre am Museumshafen Övelgönne: "Das ist erfrischend und entschleunigend. Ich finde es total schön. Ich finde so etwas braucht Hamburg viel mehr."
Sanftmut für den Alltag
Im Einkaufszentrum Mercado mitten in Altona gibt es am Eingang der Bücherhalle auch eine Hörstation. Eine Frau bleibt stehen und probiert es aus. "Eine mega schöne Idee", findet sie. "Das macht, dass man aus seinem Trott und dem Gedankenkarussell rauskommt, indem man ja doch häufig festhängt." Der Poemwalk ist wie eine kleine Einladung zum spontanen Innehalten, die alltäglichen Orte mitten in der Stadt mal neu wahrzunehmen und mit den kurzen Gedichten einfach mal ein bisschen poetisch "rauszuzoomen" - aus dem hektischen, lauten Treiben der Stadt.
Anja Reimers gelingt mit ihrer Lyrik ein bisschen Sanftmut, vielleicht mit sich selbst, mit der Umwelt und dem Ort, an dem man die Gedichte gerade hört. Es ist, so die Autorin, "die Einladung, an Menschen rauszugehen und da einen poetischen Moment für sich zu nehmen, denn ich finde, das ist ja wie mal kurz durchatmen oder sich in irgendeiner Form berühren zu lassen." Den Poemwalk in Altona gibt es bis Ende September.