Monika Marons "Die Katze": Kleine Erzählung voller Eleganz
"Die Katze" ist eine vergnügliche, vielleicht in aller Unschuld eine blutrünstige Geschichte. Ein herrliches Beispiel für den ebenso unprätentiösen wie brillanten Stil von Monika Maron.
1981 wurde die ostdeutsche Autorin mit "Flugasche", ihrem Roman, der diesseits des Eisernen Vorhangs erschien, in der ganzen Welt berühmt. Ein Dutzend Romane und viele Essays später überlegt sie, ob es nicht eine Anmaßung sei, Bücher zu schreiben, die andere lesen sollen. Ihre Form dafür findet sie in Parabeln, in Begegnungen mit nicht-menschlichen Geschöpfen, die beginnen, sich in ihr Buch zu drängen. Nach dem Rehlein in ihrem Roman "Das Haus", nach der nüchtern-charmanten Erzählung über ihre Hündin "Bonnie Propeller," nach "Krähengekrächz", der Meditation über die Galgenvögel, die auch als eine Abwendung von dem Bösen im Menschen zur Unschuld im Tier verstanden werden kann, nun also "Die Katze", eine kleine Erzählung voller Eleganz.
"Die Katze": Ein praktisches Geschenk für Feiertage
Später habe ich darüber nachgedacht, ob die ganze Geschichte vielleicht nicht passiert wäre, wenn sie nicht ausgerechnet an einem Ostersonntag angefangen hätte, ob uns der Ostersonntag zu besonderer Herzensgüte verpflichtet, jedenfalls jede Hartherzigkeit verboten hätte. Leseprobe
Eigentlich ist in diesem ersten Satz schon alles drin: Die Introspektion, die reale Landschaft, das Umfeld der Schriftstellerin und der Suspense dieser kleinen Preziose.Monika Maron, 1941 geboren, hat ihr halbes Leben in der DDR verbracht. Sie ist eine Lakonikerin. Pädagogik ist ihre Sache nicht. Kein Mensch, der ihre vorherigen Romane nicht gelesen hat, weiß, wer ihre Hündin Bonnie Propeller ist. Und sie erklärt es nicht. Auch das ist ein Indiz für ihre Eigenart, den trockenen Humor, ein Element für den Suspense, der dieses schmale Buch zu einem praktischen Geschenk für Feiertage macht, wenn man es mit Vergnügen ausgelesen hat. Und das geht viel zu schnell.
Monika Maron glaubt an die Unschuld im Tier
Maron lebt auf einem Dorf…
(...) das auch kein richtiges Dorf ist, sondern nur eine Ansammlung von vierzehn Häusern. Leseprobe
Die Autorin ist, das wissen wir spätestens seit ihrer Erzählung "Krähengekrächz", eine Frau, die, wenn sie schon nicht an das Gute im Menschen, so doch an die Unschuld im Tier zu glauben pflegt.
Wenn sie schon sterben muss, soll sie es wenigstens gut dabeihaben, sagte mein Sohn... Leseprobe
… Jonas, der ihr schon als Kind einige Tiere ins Haus gebracht hatte, beim Anblick dieser kraftlos auf der Straße liegenden kleinen schwarzen Katze. Also bekommt sie eine ausgepolsterte Gemüsekiste auf die Wiese neben den Garten gestellt, die Katze wird hineingelegt und Bonnie ausgiebig gefüttert und zum Trost gestreichelt.
Fazit: Die kleine Katze lebte sich ein und betrachtete den Garten als ihr Revier. Und auch die Familie der Autorin arrangierte sich mit der Katze.
Jonas sagte, er werde ihr ein Haus bauen, denn nachts sei es kalt und die Katze so schwach. Leseprobe
Eine vergnügliche, blutrünstige Geschichte
Von der blutigen Eskalation der folgenden Ereignisse soll hier nicht berichtet werden. Monika Maron schildert sie aber minutiös und auch die Folgen, die die Schriftstellerin in Budapest und Berlin knapp überlebt. Die lebensbedrohliche Erfahrung empfindet die Autorin gar als Fanal, als "eine Mahnung und eine Vorbereitung auf meine mögliche Zukunft". In Sanftmut und Freundlichkeit will sich die streitbare 83-jährigen Schriftstellerin üben - ausgerechnet Monika Maron.
Auch ihre Beobachtungen und Gespräche mit der Freundin über die kleine schwarze Katze und die dunklen Ahnungen der Autorin. Es ist eine vergnügliche, vielleicht in aller Unschuld eine blutrünstige Geschichte, sodass die süße kleine Katze, die Schwarz auf Weiß den Anfang und das Ende der Erzählung als Radierung ziert, auch als makabrer Scherz verstanden werden kann. Ein herrliches Beispiel für den ebenso unprätentiösen wie brillanten Stil von Monika Maron ist diese Erzählung auch. Und ganz nebenbei eine Ode auf die Freundschaft unter Frauen und die Unschuld der Tiere. Am Ende der Erzählung, der lebensgefährlichen Katastrophe entronnen, wird Monika Maron sich freuen.
Die Katze
- Seitenzahl:
- 64 Seiten
- Genre:
- Roman
- Verlag:
- Hoffmann & Campe
- Bestellnummer:
- 978-3-455-01884-4
- Preis:
- 16 €