Kristine von Sodens "Wie schön!": Der Zauber der Ostsee
Kristine von Soden hat literarische Zeugnisse gesammelt: Die ausgewählten Beispiele reichen vom frühen 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart - aus der Feder von Dietrich Bonhoeffer, Marie Luise Kaschnitz, Bertolt Brecht oder Uwe Johnson und vielen mehr.
An manchen Stellen im Fischland oder auf dem Darß hat man das Gefühl, in einem Bild zu stehen, weil es von manchen der Aussichten so viele Gemälde gibt. Oder wirkt das Landschaftsbild an sich schon vom vielen Fotografiertwerden wie abgewetzt? In dem neuen Band "Wie schön! Fischland, Darß und Zingst literarisch" sind zusätzlich zu den Texten Aquarelle von Georg Hülsse, der Grafiker war und erst in seinem achten Lebensjahrzehnt begonnen hatte, Aquarelle zu malen. Seine Bilder fangen den besonderen Zauber, die Sanftheit und bisweilen stürmische Schönheit dieser Region so ein, dass man sofort da ist und es auch gern malen würde.
Texte von Marie Luise Kaschnitz, Johannes R. Becher, Bertolt Brecht, Dietrich Bonhoeffer
Die von Kristine von Soden ausgewählten Texte stammen von Marie Luise Kaschnitz, Johannes R. Becher, Bertolt Brecht, Dietrich Bonhoeffer und vielen anderen. Wer Romane von Uwe Johnson gelesen hat, kann sowieso nicht mehr diese Landschaft bereisen, ohne an ihn zu denken: "Der Dorfweg war schattig. Wenn Licht durch Hofeinfahrten schlug, war es weiß. Die Häuser waren durch hohe Knicks gegen den Wind geschützt", so beschreibt es Uwe Johnson in seiner Geschichte: "Nirgends roch der Kuchen so gut wie bei Malchen Saatmann": "Das Fischland war arm an Gerüchen; da ist der Geruch von Salzwasser, von Fischen, von verfaulendem Tang." Und eben dem Kuchen in der Kindheit von Uwe Johnson.
Die in Deutschland lebende, irische Kinderbuchautorin Elizabeth Shaw beschrieb in den 70er-Jahren in einer Skizze den besonderen Charme dieser Region:
Ist noch Raum für den Romantiker in Ahrenshoop? Warum fährt man immer wieder hin? Das stürmische Reizklima lässt sich nicht zähmen. Mal bläst der Wind, mal scheint die Sonne. Die Natur beherrscht das Leben auf dem Fischland, auch wenn die Fische knapper geworden sind. Kommt man von der langen Straße weg, bleibt der weite Blick auf den stillen Bodden auf der einen, das bewegte Meer auf der anderen Seite, mit dem Rauschen der schäumenden Wellen - eine Landschaft, immer anders, zu jeder Jahreszeit anders, stürmisch und wild, sanft und weit. Elizabeth Shaw
"Kein Wetter ist hier schlecht, der Himmel stets dramatisch"
Wer je mit dem wortkargen, bisweilen sehr ruppigen Charme der Einheimischen aneinandergeraten ist, weiß, dass sie auch Touristen gegenüber kaum je Einschmeichelndes an den Tag legen. Manchmal nimmt man sich vor, sich das ein oder andere nicht mehr bieten lassen zu wollen. Aber man kommt ja doch wieder. Weil es einfach zu schön ist. Judith Schalansky sagte es so:
Kein Wetter ist hier schlecht, der Himmel stets dramatisch, über dem Bodden, dem vernachlässigten der beiden Gewässer, und dem offenen Meer, das immer das meine bleiben wird. Hier ist Heimat, aber nicht zu Hause. Besser geht es nicht. Judith Schalansky
Im abschließenden Text dieser schönen Sammlung beschreibt Kristine von Soden die elegante, faszinierende Schönheit der Kraniche, die hier im Frühjahr und im Herbst zu Abertausenden Station machen.
Ein beeindruckendes Naturschauspiel
Die einmeterzwanzig großen Vögel mit dem feuerroten Kopf sind für ihr vorbildliches Sozialverhalten berühmt. Ihren Ehepartnern bleiben sie ein Leben lang treu, Pflichten in Erziehung und Haushalt werden geteilt, Nachwuchs fürsorglich betreut, und Jung und Alt vertragen sich. Verlieren Kraniche ihren Ehepartner, suchen sie ihn oft wochenlang. Mit ihren Jungvögeln unterhalten sich die Kranicheltern noch ein Weilchen mit geheimnisvollen Lauten. Und hier und da wird geknurrt. Langsam tritt Stille ein. Und still auch packen alle Kranichbeobachter ihre Spektive, Ferngläser und Kameras ein. Verlassen den Deich. Kristine von Soden
Wenn im Frühjahr und Herbst die Kraniche zu Zehntausenden ihre "Landeklappen" ausfahren und just hier die von langen Flügen müden Beine baumeln lassen, ist es immer wieder ein absolut beeindruckendes Naturschauspiel. Buch unter den Arm und nichts wie hin - und sei es in Gedanken.
Wie schön! Fischland, Darß und Zingst literarisch
- Seitenzahl:
- 240 Seiten
- Genre:
- Roman
- Verlag:
- Ellert und Richter
- Bestellnummer:
- 978-3-831908-40-0
- Preis:
- 25 €