Grit Poppe: Krimidebüt mit düster-historischem Hintergrund
"Rabenkinder" ist der erste Kriminalroman von Grit Poppe - und erzählt von einem Mord im berühmt-berüchtigten Jugendwerkhof Torgau, einem Spezialheim der Jugendhilfe in der DDR.
Bereits in zwei Jugendbüchern und einem Sachbuch hat sich die Potsdamer Autorin Grit Poppe mit den sogenannten "Jugendwerkhöfen" der DDR befasst. In "Rabenkinder", ihrem ersten Kriminalroman, beschäftigt sie sich weiter mit den Spezialheimen der Jugendhilfe. Am 10. November 1989, dem Tag nach dem Fall der Mauer, wird Beate Vogt von der Morduntersuchungskommission nach Torgau geschickt, eine kleine Stadt in der Nähe von Leipzig. Dort wurde im Jugendwerkhof ein Toter gefunden:
Die Leiche hing an der Stange eines Baugerüstes, das sich im Innern einer Zelle befand. Immerhin kein Jugendlicher, dachte Beate und fühlte sich einen kurzen Moment erleichtert. Fälle mit Kindern als Opfer waren die schlimmsten. »Wer ist der Tote?«, fragte sie, ohne sich mit den üblichen Floskeln aufzuhalten. Leseprobe
Die Erziehungsheime der DDR mit harten Strafen
Das Opfer heißt Karl Zinkner und war der Direktor des Jugendwerkhofs. In diesen Werkhöfen, so Autorin Grit Poppe, wurden in der DDR aufmüpfige Jugendliche eingesperrt, die beispielsweise die Schule schwänzten, sich rumtrieben oder der FDJ verweigerten. Die Einrichtung in Torgau war der einzige so genannte geschlossene Jugendwerkhof, ein wahrer Ort der Hölle für die, die dort eingesperrt waren: "Die wurden völlig entrechtet in Einzelhaft gesperrt und es gab Strafen für jede Kleinigkeit", erläutert Poppe. "Essensentzug, Strafsport oder Arrest - es waren ganz verschiedene, aber immer sehr harte Strafen und völlig unangemessen, sodass die meisten - oder ziemlich alle - später traumatisiert rauskamen."
Von der Recherche zum Roman
Jetzt, am Tag nach dem Mauerfall, sind im Torgauer Werkhof nur noch die drei Jugendlichen Tanja, Maik und Andreas eingesperrt, alle anderen Insassen wurden verlegt. Aber im Durcheinander nach dem Leichenfund, gelingt den dreien die Flucht. Haben sie vielleicht etwas mit dem Tod des verhassten Direktors zu tun? Alle drei tauchen in den Wirren der Wendetage unter. Diese Zeit hat Grit Poppe bewusst für ihr Krimidebüt gewählt: "Ich fand es interessant, gerade auch für einen Kriminalroman, zu gucken: Was war mit der Polizei? Was ist da passiert? Wie waren die Ermittlungen zu DDR-Zeiten? Was für eine Rolle spielte die Stasi in solchen Fällen? Solche Details fand ich spannend."
Grit Poppe: Versierte Erzählerin mit Sinn für Geschichte
Tatsächlich übernimmt die Stasi sehr zügig den Fall des toten Direktors, aber ebenfalls sehr zügig ist die Stasi Geschichte und der Mord wird erst einmal zu den Akten gelegt. Grit Poppe zeigt sich in ihrem ersten Krimi als versierte Erzählerin, die jederzeit alle Fäden sicher in der Hand hält und immer wieder für überraschende Wendungen sorgt. Ihr Herzensthema, der geschlossene Jugendwerkhof Torgau, bildet den düsteren und sehr realen Hintergrund der Geschichte. Diese geht ein Jahr später weiter. Beate Vogt bekommt bei den Ermittlungen Hilfe, auf die sie gern verzichtet hätte. Hauptkommissar Josef Almgruber aus Nürnberg soll in Leipzig westdeutsche Ermittlungsarbeit einführen. Natürlich sorgt das für Probleme:
Darum ging es also. Um die gekränkte Ehre oder die beleidigte Ostseele. Jammerossi, dachte er. An diesem Begriff war schon was dran. Aber Beate Vogt fand vermutlich die Bezeichnung Besserwessi gerade auch recht treffend. Leseprobe
Dieser zweite Teil des Krimis führt noch einmal zurück in eine Zeit, in der Ost und West wie ein Paar nach den Flitterwochen die ersten großen Enttäuschungen erlebte. Beate Vogt und Josef Almgruber wird nach Drohungen und einem Anschlag allerdings schnell klar, dass sie den Fall nur gemeinsam lösen können...
Rabenkinder
- Seitenzahl:
- 496 Seiten
- Genre:
- Krimi
- Verlag:
- Ullstein
- Bestellnummer:
- 9783548066554
- Preis:
- 11,99 €