"Jenseits des Grabes": Ein warmherziger, poetischer Krimiroman
Fred Vargas ist ein Phänomen: Die Bücher ihrer Krimireihe um den formidablen Kommissar Jean-Baptiste Adamsberg erscheinen seit über 30 Jahren in regelmäßiger Unregelmäßigkeit. Auch Leserinnen und Leser, die noch keines der Bücher um den französischen Kommissar Adamsberg gelesen haben, können den zehnten Band der Reihe problemlos genießen.
Im aktuellen Krimi der Autorin verschlägt es den Pariser Kommissar Adamsberg in die Bretagne. In einem kleinen Dorf wurde der Wildhüter ermordet:
Zwei Messerstiche in die Brust. Mit dem einen wurde die Lunge durchbohrt, mit dem anderen eine Rippe gebrochen und das Herz verletzt. Der Arzt rief einen Rettungswagen aus Combourg herbei und blieb bei dem Verletzten. Der geredet hat. Leseprobe
Geredet hat das Opfer allenfalls bruchstückhafte letzte Worte, aber die könnten auf den Täter hinweisen. Nicht unbedingt, findet Kommissar Adamsberg, dessen Ermittlungsmethoden unorthodox zu nennen eine riesige Untertreibung wäre. Systematisches Arbeiten ist nicht so seins, dafür gibt er viel auf Intuition und Abseitiges, wie beispielsweise eine jahrhundertalte Dorflegende - die Legende vom Hinkenden:
Es handelt sich um einen sehr alten Geist, er ging schon um, lange bevor Chateaubriands Vater das Schloss erwarb. Bei einer Schlacht im Jahr 1709 verlor er ein Bein, das durch eine Holzprothese ersetzt wurde. Und dieses Holzbein hört man manchmal noch heute bei Nacht auf dem Steinboden im Schloss Combourg klopfen. Leseprobe
Der Hinkende, davon sind viele im Dorf überzeugt, kündigt Unheil an und tatsächlich folgen auf den ersten Mord drei weitere...
Adamsberg-Krimis: Skurrile Romane mit liebenswürdigem Humor
Niemand schreibt so poetische, skurrile und fantasievolle Kriminalromane wie Fred Vargas. Man wird beim Lesen Teil einer geheimnisvollen, manchmal fast surrealen Welt, die trotz allem in der Realität verankert ist. Der leise, sehr liebenswürdige Humor, die besonderen Charaktere und die ungewöhnlichen Fälle ergeben eine unvergleichliche Mischung. Und Kommissar Adamsberg hat - wie immer - ein Auge für Details, die anderen verborgen bleiben:
Beide Leichen hatten frische Flohbisse, hingegen waren keine Spuren von alten vorhanden. Da wir sonst keine Anhaltspunkte haben, müssen wir davon ausgehen, dass der Mörder seinen Opfern während der Tat einen Floh aufgehalst hat. Leseprobe
Der Mörder, schlussfolgert Adamsberg, muss Besitzer eines Haustieres sein. Aber grenzt das den Kreis der Verdächtigen wirklich ein, oder wird die Suche durch diese Information eher erschwert? Während die Ermittler noch darüber grübeln, taucht eine weitere Überraschung auf. Zwei der Opfer halten etwas in der Hand:
"Eine Sekunde", sagte der Arzt und deutete auf die Hand des Toten. "Wie seltsam, ich glaube, das ist ein Ei." "Wie, ein Ei?" "Ein Ei, schon mal gehört? Das Ding, das die Henne legt." Leseprobe
Worauf gibt der Mörder damit einen Hinweis?
"Jenseits des Grabes": Ein typischer Fred-Vargas-Krimi
"Jenseits des Grabes" ist ein unterhaltsamer Roman, bei dem alle Zutaten am Ende etwas ganz Großes ergeben: einen warmherzigen Krimi ohne sinnlose Grausamkeiten. Eben einen Fred-Vargas-Krimi.
Jenseits des Grabes
- Seitenzahl:
- 528 Seiten
- Genre:
- Krimi
- Zusatzinfo:
- Aus dem Französischen von Claudia Marquardt
- Verlag:
- Limes
- Bestellnummer:
- 978-3-8090-2782-9
- Preis:
- 26 €