Jan Weilers "Munk": Wie Frauen das Leben eines Mannes prägen
Der Schriftsteller Jan Weiler ist ein Garant für kurzweilige Unterhaltung. Seine Liebes-Biografie "Munk" basiert auf Wochenend-Essays, die er im Auftrag der "Neuen Zürcher Zeitung" geschrieben hat.
Munk schreibt eine Liste. 13 Namen stehen darauf, und zwar die aller Frauen, die er glaubt, jemals geliebt zu haben. Ein Heilungsprozess, im wahrsten Sinne. Denn zwei Tage nach seinem 51. Geburtstag hatte der Architekt Peter Munk auf der Rolltreppe eines Kaufhauses einen Herzinfarkt.
Er nahm die Rolltreppe zur dritten Etage, griff sich plötzlich an den Hals, wo es schmerzte, bekam keine Luft mehr, machte sich bewusst, dass er dabei war, recht früh im Leben einen Herzinfarkt zu absolvieren, sank auf die Knie, fiel aber nicht vornüber, weil er nicht mit den Haaren oder Ohren in den Kamm der Treppe gesaugt werden wollte. Leseprobe
So aufgeräumt. So diszipliniert. Umso verwunderlicher ist für ihn dieser Herzinfarkt. Denn Munk ernährt sich gesund, raucht und trinkt nicht, ist sportlich. Und Stress macht er sich höchstens freiwillig und höchstselbst. Schließlich kommt Erfolg nicht von ungefähr.
Eine Reise in die Vergangenheit
Munk überlebt seinen Infarkt. Vor seiner Entlassung in die Reha gibt sein Arzt ihm eine Idee mit auf den Weg, warum sein Herz ihm diese Schwierigkeiten bereitet hat:
Manche Leute verpassten die Chance, die ihnen solch eine Erkrankung biete, sagte der Arzt leise und fügte hinzu, dass Munk noch einmal darüber nachdenken solle, ob es nicht eine besondere Tragik gegeben habe (…), etwas, (…) dass er sich sprichwörtlich zu Herzen genommen habe. (…) Munk nickte - und begab sich auf eine lange Suche. Leseprobe
Munk reist also in seine Vergangenheit, und er erzählt 13 verschiedene Liebesgeschichten. Man erfährt, wie Munk auf einer Party in den 80ern ungeschickt seine Jungfräulichkeit mit Judith verliert, warum seine große Liebe Nicole nichts mehr von ihm wissen wollte, wie die immer so fröhliche Andrea ihm das Leben schwer gemacht hatte und warum er irgendwie das Gefühl hat, mit Claudia noch etwas klären zu müssen. Und warum er seinen Vater, den Bauunternehmer und Nazi, bis zu dessen Tod verachtet hat:
Wenn er vorher selbstgefällig postuliert hatte, anders zu sein oder wenigstens anders sein zu wollen als sein Vater, erlosch dieser Auftrag nun. Peter Munk konnte nun nicht mehr automatisch gut sein, indem er konsequent entgegen der Usance seines Vaters handelte. Mit dessen Tod verschwand der Orientierungsstreifen auf Munks Weg. Leseprobe
"Munk" basiert auf einem Episodenroman von Jan Weiler
Mitleid, mildes Verständnis und gelegentlich auch Verärgerung angesichts Peter Munks Unfähigkeit, die Dinge beim Namen zu nennen, begleiten einen beim Lesen dieser Liebes-Biografie. Diese basiert auf einem Episodenroman, den Jan Weiler im Auftrag der "Neuen Zürcher Zeitung" (NZZ) geschrieben hat. "Die Summe aller Frauen" hieß dieser - soll meinen, dass ein Mann das Ergebnis der Frauen in seinem Leben sei. Der jetzt erschienene Roman "Munk" ist eine ausführlichere Version dieser ehemaligen Wochenend-Essays.
Auf der Lesebühne der NZZ erklärt Jan Weiler, dass Anlehnungen an den vielzitierten alten weißen Mann mit gewissen Anpassungsschwierigkeiten kein Zufall sind: "Über seine Liebesgeschichten lernt man Munk immer besser kennen, so wie er auch sich selbst beim Sinnieren über diese. Und irgendwie wächst er einem dann ans Herz, dieser immer wieder leicht unbeholfene Mann mit Herzschmerz."
Munk
- Seitenzahl:
- 384 Seiten
- Genre:
- Roman
- Verlag:
- Heyne
- Bestellnummer:
- 978-3-453-27378-8
- Preis:
- 24 €