"Handbuch für den vorsichtigen Reisenden ...": Ein Roman wie ein Fiebertraum
Die Autorin Sarah Brooks beschreibt in ihrem Roman eine Zugreise von Peking nach Moskau Ende des 19. Jahrhunderts. Allerdings geht in ihrem Buch nicht alles mit rechten Dingen zu.
Ein Roman wie ein Fiebertraum mit fantastischen Wesen und Landschaften voller Gefahren und Verheißungen. Sarah Brooks' literarisches Debüt passt in keine Schublade. Es geht zurück ins Jahr 1899 in Peking. Dort startet der Transsibirien Express mit Ziel Moskau. Zwei Wochen wird er 6.000 Kilometer quer durch das sogenannte Ödland, eine geheimnisvolle Wildnis zwischen China und Russland, fahren.
Aufgewachsen im Transsibirien Express
Der Zug ist ein von Menschen erschaffenes Wunder. In dieser Festung gibt es einen Gartenwagen, in dem Hühner leben und Gemüse angebaut wird. Eine Bibliothek, einen Aussichtswagen, Speise- und Schlafwagen verschiedener Kategorien. Und Reisende, die ganz eigene, spezielle Gründe für den gefährlichen Trip haben. Da ist zum Beispiel die geheimnisvolle Maria Petrowna, die unter falschem Namen reist, oder der Naturforscher Henry Grey, der einen riskanten Plan verfolgt. Und da ist das Zugkind Weiwei, geboren und aufgewachsen im Transsibirien Express:
Sie kennt alle Geheimnisse des Zuges: wie man unbemerkt durch die Küchen huscht und dabei unbemerkt eine heiße Teigtasche stiehlt, wie man den Gartenwagen durchquert, ohne die übel gelaunten Hühner zu stören. (...) Sie bewegt sich im Rhythmus des Zuges, läuft in einer Art schlingerndem Slalom durch die schmalen Korridore. Leseprobe
Sarah Brooks kreiert eine atmosphärische Spannung
Sarah Brooks wechselt geschickt die verschiedenen Erzählperspektiven und enthüllt erst nach und nach die Geheimnisse der Reisenden. Ihre Sprache mutet ein bisschen altmodisch an, aber niemals altbacken. Brooks kreiert eine atmosphärische Spannung, der man sich kaum entziehen kann. Und dann kommt es zu einem schwerwiegenden Zwischenfall:
Es ist, als würde sich die Luft überschlagen, als würde der Zug seitlich von unvorstellbar starken Händen gestoßen, (...). Alles klirrt, bebt und rappelt. Mehrere Holzpaneele lösen sich von den Wänden und krachen zu Boden, und Decken und Pakete fallen heraus, als bestünden die Innereien des Zuges aus Stoff und braunem Packpapier. Leseprobe
Die Folge des Aufpralls sind zerstörte Wasserleitungen und Wassermangel, der die Passagiere schier in den Wahnsinn treibt - und noch verschlimmert wird durch einen ungeplanten Halt, mitten im großsibirischen Ödland. Das ist eine Katastrophe, denn dort gelten die Naturgesetze nicht und es leben dort gefährliche Fabelwesen.
"Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland": Was für ein literarischer Ritt!
Das "Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland" ist ein Roman, der sich jeder Einordnung entzieht. Er hat Fantasy-Elemente, erinnert aber auch an Agatha Christies "Mord im Orient Express". Sarah Brooks gelingt eine charmante Mischung aus fantastischem Abenteuer und Reiseliteratur des 19. Jahrhunderts. Was für ein literarischer Ritt!
Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland
- Seitenzahl:
- 416 Seiten
- Genre:
- Roman
- Zusatzinfo:
- Aus dem Englischen von Claudia Feldmann
- Verlag:
- C. Bertelsmann
- Bestellnummer:
- 978-3-570-10500-9
- Preis:
- 24 €