Geistreich und fröhlich: Clemens Meyer im Hamburger Literaturhaus
Der Leipziger Schriftsteller Clemens Meyer gilt mit seinem neuen Roman "Die Projektoren" als Favorit für den Deutschen Buchpreis. Am Mittwochabend begeisterte er mit einer kurzweiligen Lesung.
Es ist ein dickes Buch, und es war eine lange Lesung: Clemens Meyer las am Mittwochabend im Hamburger Literaturhaus aus seinem Roman "Die Projektoren", der für den Deutschen Buchpreis nominiert ist. Am Ende eines langen Literaturabends war das Publikum hingerissen: "Das ist ein Schriftsteller, der so gut über sein eigenes Schreiben erzählen kann. Ich hätte dem stundenlang zuhören können", erklärte ein Zuhörer.
Der Autor und seine Gesprächspartnerin Katharina Teutsch, Journalistin, Autorin und früher einmal Mitglied der Buchpreisjury, warfen sich ausgelassen die Bälle zu. Vielleicht lag das daran, dass Katharina Teutsch selbst begeistert ist von Meyers Buch: "Das ist das Zauberhafte an diesem Buch, dass man immer weitergetragen wird von diesem Erzählstrom, und nach 100 oder 200 Seiten oder 300 klären sich viele Dinge auf. Es ist immer in der Schwebe: Was ist die Fantasie des Autors und was hat er der Realität entnommen?"
Teutsch: "Ein Monolith der derzeitigen Romanlandschaft"
Clemens Meyers Roman ist ein Wälzer geworden, 1056 Seiten stark, der enorm viel Lesestoff liefert. Die kluge Moderatorin des Abends verstand es, das Wesen dieses Buchs in einem Satz zu fassen: "Dieses Buch ist in der derzeitigen Romanlandschaft ein Monolith. Es gibt kein Buch, das so packend und unterhaltend und verspielt und gleichzeitig wahnsinnig ernsthaft ist - und alles im Sinne der Moderne nochmal aus der Gattung Roman versucht herauszuholen: Also eine philosophische Erkenntnisarbeit, über die wir heute sicher auch sprechen werden."
Lesung bietet Einblicke in komplexe Struktur des Romans
Es sei ihr Herzensbuch, sagte Katharina Teutsch und gab Clemens Meyer Gelegenheit, einen echten Einblick zu geben in den Text und seine komplexe Struktur. Darin geht es neben vielem anderen auch um die Karl May-Verfilmungen im damaligen Jugoslawien.
Eine Zeitlang nannten ihn die Einheimischen den Cowboy. Weil er ein großes Halstuch trug. Die verknoteten Enden. Die Zipfel lagen auf seinem Rücken, und vorne bedeckte ein Stoffdreieck seinen Hals. Die Bergbauern im Velebit kannten die Cowboys aus den Filmen der Wanderkinos. Ausschnitt aus "Die Projektoren"
Meyers Herangehensweise beim Lesen kam beim Publikum gut an. Er las, als sei der Text neu für ihn, zeigte sich verwundert über schöne Sätze und erarbeitete sich lesend Textstellen. "Der Autor war sein eigener Leser. Das war sehr kurzweilig", fand ein Zuhörer.
Meyer kokettiert mit 13 Jahren Arbeit am Roman
Kurzweilig, obwohl üppige 1.056 Seiten schwer: 13 Jahre hat Clemens Meyer an dem Roman gearbeitet. Kokett tat er so, als wäre es ein Mordsspaß gewesen. "Es ist einfach so. Ich kann's nun mal nicht ändern. Das hat seine Gründe und das ist auch nicht außergewöhnlich. Früher hat es so etwas ständig gegeben. Man muss ja, nur weil die anderen nicht mehr in der Lage sind, episch zu erzählen, nicht so tun, als wenn es das nicht mehr gibt", erklärte ein gut aufgelegter Autor.
Es war also ein großer Spaß - bestimmt die fröhlichste Lesung in diesem Jahr, geistreich und Lust machend auf dieses schöne, dicke Buch. Obendrein ist Meyers Roman ein heißer Kandidat auf den Deutschen Buchpreis, der am 16. Oktober bekannt gegeben wird.