Die Jahre werden schneller
Am 17. Dezember 2010 hat Armin Mueller-Stahl seinen 80. Geburtstag begangen. Als ein Künstler der vielen Talente ist er gefeiert worden. Gerade hat Mueller-Stahl eine CD besungen und ein Buch mit Gedichten und Liedern veröffentlicht, zu denen er gemalt und gezeichnet hat: "Die Jahre werden schneller".
Landschaften in Bilder oder Gedichte transportieren könne er nicht, sagt Armin Mueller-Stahl. Insofern fehlen blühend-gelbe Rapsfelder und sonnen-blaues Meer, doch vermisst man sie nicht. Die beinahe immer ironischen, teilweise nur scheinbar harmlos wie Kinderreime daherkommenden Gedichte spiegeln auch so das lange, abwechslungsreiche Leben eines Mannes, der sich immer für Kunst und Politik interessiert hat.
Buchzitat:
Es war einmal eine blaue Kuh
Die hat sich ausgetrunken
Da war sie weg da war sie aus
Da war sie weg da war sie aus
So groß nur noch wie eine Laus
Danach nur noch ein blauer Fleck.
Dieses Lied, 1964 entstanden, wollte Mueller-Stahl, der in der DDR bis zu seinem Protest gegen die Biermann-Ausbürgerung zu den großen Stars zählte, bei Auftritten in Helsinki und Krakow singen, so erzählt er in einem Gedicht. Doch da habe ihn der Genosse vom Kulturministerium gebeten, vorbeizukommen.
Buchzitat:
Sehr zweideutig wer trinkt sie aus? Die Partei? Könnte es im Klartext heißen
Die Partei schlägt sich die Beine ab? ...
Da werden Sie sich Fragen
Gefallen lassen müssen, die Ihnen bestimmt nicht recht sind.
Ich überlasse es Ihnen, ob sie die Kuh bringen
Aber erwarten Sie keinen Beifall.
Daneben, auf einem maschinenbeschriebenen Blatt, ein großer, schwarz getuschter Kopf und zwei vergleichsweise winzige, schwarze Gestalten, die diesen vollenden: Eine tuscht eine Falte auf die Stirn, die andere den Mund. So jedenfalls könnte man es sehen.
Interpretationen mit Stift und Pinsel
Die knapp 70 den Texten zur Seite gestellten Bilder und Zeichnungen Mueller-Stahls sind selten eindeutig. Fast alle wirken wie lässig hingeworfene Übungen, beinahe wie ein Zeitvertreib. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass nur wenige auf nacktem Untergrund entstanden sind. Mueller-Stahl tuscht auf Manuskriptseiten, skizziert auf Auszügen aus Drehbüchern oder kritzelt auf einen Drehplan für "The Peacemaker". 1997 stand er für diesen Film gemeinsam mit Nicole Kidman und George Clooney vor der Kamera.
Er ist wohl der einzige DDR-Star, dem nach seiner Ausreise eine Hollywood-Karriere geglückt ist.
Ironie zwischen den Zeilen
Anfang der 60er-Jahre sind die ersten Gedichte entstanden, sie kommen leichtfüßig daher, sind oft gereimt, und haben vielfach liedhafte Elemente. Doch kann diese scheinbar gefällige Form nicht über die teils bittere Ironie hinwegtäuschen.
Das gilt auch für die späteren Texte. Nicht chronologisch, sondern nach Themen hat Mueller-Stahl sie sortiert: Er beginnt mit den Liebesgedichten, es folgen politische - über die DDR, den Krieg, die "Plagen unserer Welt" und schließlich nachdenklich-melancholische über die "Letzten Dinge".
Meta-Kunst-Werke
Die Bilder und Zeichnungen fügen sich organisch ein - sind nicht Illustrationen, sondern oftmals in kräftigen Farben gehaltene und mit einfachen Strichen gestaltete ganz und gar eigenständige kleine Kunstwerke, meistens in späteren Jahren entstanden als die Gedichte.
Schade nur, dass es, sofern Mueller-Stahl die Bilder nicht selbst datiert hat, keinerlei Hinweise darauf gibt, wann oder wo er sie gemalt hat. Auch die sonst durchaus üblichen Hinweise auf die Technik fehlen.
Vielleicht ist' s müßig: Schließlich finden Gedichte und Bilder aufs Beste zusammen - wie bei dem 1967 geschriebenen "Ich kauf Dir eine Blume". Rund 30 Jahre später hat Mueller-Stahl dazu ein Selbstporträt mit Blume getuscht und datiert. Es zeigt ihn sichtbar in die Jahre gekommen. Doch nicht minder verliebt.
Eine CD mit vier Vertonungen liegt der ersten Auflage bei. Ein schönes Präsent also - nicht nur für Mueller-Stahl-Fans.
Die Jahre werden schneller. Lieder und Gedichte
- Seitenzahl:
- 222 Seiten
- Genre:
- Sachbuch
- Verlag:
- Aufbau
- Bestellnummer:
- 978-3351033163
- Preis:
- 24,95 €