"Der Blick einer Frau": Auf den Spuren von Fotografin Gerda Taro
Als Gerta Pohorylle 1910 in Stuttgart geboren, floh sie in den 1930ern als Jüdin nach Paris. Dort wurde sie Fotografin und nannte sich Gerda Taro. Caroline Bernhard hat einen beeindruckenden Roman über sie geschrieben.
Das neue Buch von Tania Schlie, alias Caroline Bernard, passt gut in ihre Reihe von historischen Romanen, in denen es schon mehrfach um das Schicksal von Frauen ging, die die Welt verändern wollten. Schon während ihres Studiums in Paris hat sie sich intensiv mit der Zeit des Exils beschäftigt: "Ich darf über die Frauen schreiben, die mein Leben sehr beeinflusst haben. Also nach Simone de Beauvoir, Frida Kahlo, Lisa Fittko, eine Widerstandskämpferin - nun auch Gerda Taro", erklärt Schlie.
Sie kenne sie aus "Exilzusammenhängen". Im Spanische Bürgerkreig habe Gerda Taro als erste Frau fotografiert. "Ich kannte auch die Bilder, ich kannte viele Fotos von ihr, manchmal ohne zu wissen, dass sie von ihr waren. Viele ihrer Fotos sind nach ihrem Tod Robert Capa zugeschrieben worden", erzählt die Autorin.
Bezaubernde Erzählweise
Der berühmte Fotograf Robert Capa war Gerda Taros Lehrmeister und Lebensgefährte. Von ihrer berührenden, wilden Liebesgeschichte in schwerer Zeit im Exil erzählt der Roman in ganz beschwingt bezaubernder Weise. Tania Schlie beschreibt intensiv die Atmosphäre und die Umstände in oft bitterer Armut der Exilanten, in den Kaffeehäusern in Paris, wo sich auch die politische Linke traf und über eine andere politische Zukunft debattierte.
Willy Brandt etwa war während dieser Zeit häufig in Paris. "Der kam von Norwegen, pendelte wohl auch ab und zu, aber war in Paris schon eine schillernde Figur", berichtet Tania Schlie. Der spätere deutsche Bundeskanzler sei wohl schon damals ein großer Charmeur gewesen. In Schlies Roman wird das durchaus deutlich. Ebenso wie das Café Capoulade und das Saint-Michel eine große Rolle spielen. "Da haben sie sich dalle getroffen."
Ein starker Roman über eine starke Frau
Nachdem Gerda Taro 1937 an schweren Verletzungen, die sie im Spanischen Bürgerkrieg erlitten hatte, gestorben war, kamen viele zu ihrem Trauerzug: Pablo Neruda, Louis Aragon, Egon Erwin Kisch oder Anna Seghers. Die in ihren Kreisen verehrte und umschwärmte Schönheit Taro geriet aber bald in Vergessenheit. Ihre Bedeutung als Fotografin wurde erst viel später wiederentdeckt.
Erst durch einen Zufallsfund in den 90er Jahren in Mexiko, der tausende von Negativen ihrer Fotos enthielt, wurden die Bilder von Gerda Taro endlich gewürdigt. Tania Schlie konnte sich auf eine späte Biografie von Irme Schaber stützen und ist selbst den Spuren von Gerda Taro nachgegangen: "Ich recherchiere sehr viel und natürlich bin ich in Paris auf Gerda Taros Spuren gewandelt."
Vielschichtiger Roman über eine außergewöhnliche Frau
So habe sie das Haus besucht, in dem die Agentur war, wo Taro mit Capa zusammengelebt hatte. Eine Tafel erinnert daran. Auch den Friedhof Montparnasse hat sie häufig besucht. Dort machte Gerda Taro viele Fotos. Ihr eigenes Grab ist auf dem Père Lachaise. "Das habe ich allerdings sehr, sehr lange suchen müssen, aber ich habe es gefunden, es ist immer noch da und es ist auch noch die Grabfigur von Alberto Giacometti darauf."
Tania Schlie - oder mit ihrem Pseudonym Caroline Bernard - ist ein starker Roman über eine starke Frau geglückt. Der Roman bietet eine Liebesgeschichte, ein Stück Geschichte moderner Fotografie und fängt zugleich Exilgeschichte ein.
Der Blick einer Frau
- Seitenzahl:
- 415 Seiten
- Genre:
- Roman
- Verlag:
- Rütten & Loening
- Bestellnummer:
- 978-3-352-00996-9
- Preis:
- 22 €