Wenn Restaurierungen schiefgehen: "Das war Kunst, jetzt ist es weg"
"Das war Kunst, jetzt ist es weg" von Cora Wucherer sammelt spektakuläre Kunstunfälle und misslungene Restaurierungen. Selbst Künstler wie Jeff Koons waren davor nicht gefeit. Es gibt viel zum Schmunzeln.
Harmlos sieht sie aus, die Hobbymalerin Cécilia Giménez, aber denkste! Der Eingriff der fleißigen Kirchgängerin in die Kunst hat weltweit eingeschlagen. Was hat sie gemacht? "Einfach mal was Neues!" Ein Jesus-Fresko in ihrer Lieblingskirche war feucht geworden. "Mach ich dir frisch!", sagte Cécilia dem Pfarrer.
Sie übermalte erst die Kutte, und, wo sie schon mal dabei war, auch den Kopf! Das Ergebnis sah dann aus wie ein Monchichi! Oh Gott! Hunderttausende pilgern seither ins nordspanische Borja, zum Monchichi-Jesus. Wer ihn sehen will, zahlt vier Euro Eintritt. Und auch im Netz verbreitete der verpfuschte Jesus sich rasant. Es gibt ihn in Cartoons, auf Kuchen oder Fahrradfelgen, als Cosplay-Figuren, Tattoos, Bonbons, Pixel-Art, Nagel-Kunst und als Stempel.
Sogar in einer Opern-Aufführung, im amerikanischen Arizona, geht es um die beste Verschlimmbesserung der jüngeren Kunstgeschichte. Bravo, Cécilia - heute stolze 94 Jahre alt. Sie hat aus verhunzter Kunst erst recht den fetten Wurf gemacht!
Von Kartoffelköpfen, poppigen Farben und einem schlafenden Königssohn
Sogar den großen Michelangelo hat's erwischt - in der Sixtinischen Kapelle. Beim Fresko von David und Salomo sind im Original die Augen auf. Restauriert verschwanden sie aber plötzlich. Ja, ging denen da im Vatikan die Farbe aus, oder was? Jetzt wirkt er bezaubernd geheimnisvoll, der schlafende Königssohn.
Ach, komm, das Leben ist bunt! Dachte sich eine andere Spanierin und lackierte eine hölzerne "Heilige Anna" aus dem 15. Jahrhundert einfach um, mitsamt Maria und ihrem Jesuskind. Vorher einfach nur braun, leuchtet Marias Gewand jetzt in Pink und Jesus trägt Grasgrün. Aufgemalte Augen und rosafarbene Haut geben der ernsten Holzskulptur etwas Comicartiges. "Den Nachbarn hat's gefallen", war ihre Entschuldigung.
Kunst kommt halt von Können, heißt es. Aber der eine kann's, der andere halt nicht. Da wird ein Gesicht zum Kartoffelkopf, oder in einem Mosaik landen statt einer Nase einfach irgendwelche Steinchen in einem Gesicht - vielleicht aus Materialmangel.
Anmutige mädchenhafte Maria zum Popstar "restauriert"
Und weil's so schön ist: Aus Eins mach Drei! Ein Sammler in Valencia wollte ein Marienbildnis auffrischen lassen. Die Jungfrau Maria aus der Barockzeit war eigentlich ganz hübsch. Der "professionelle" Restaurator aus Valencia verpasste der andächtigen Jungfrau dann aber einen Schmollmund und verwischte ihre Konturen. Der Restaurator bekam noch eine Chance. Die verpatzte er wieder. Die Maria wurde aus einem Mädchen eine erwachsene Frau, die entfernt an die Sängerin "Cher" ähnelt. Bizarr, jeder Restaurator hat halt sein eigenes Frauenbild.
Eine andere anmutige Maria benötigte dringend Hilfe für ihr Kind. Dem wurde der Kopf geklaut an Halloween. Aber find' erstmal genügend weißen Ton im Baumarkt. Sollte eh übermalt werden, dachte sich die pragmatische Heather Wise aus Kanada, die "Restauratorin." Der neue Kopf war rot. Nicht schön, aber originell! Der Original-Kopf wurde inzwischen wieder gefunden - wie langweilig!
Statt Land Art: "Weg mit dem Unkraut"
In einer eingezäunten Fläche in Stuttgart hatte der niederländische Konzeptkünstler Herman de Vries Bäume und Sträucher angelegt. Land Art, die einen Kontrast zur städtischen, mit Straßen bebauten Umgebung bilden sollte. Aber dann machte das Stuttgarter Gartenbauamt "Tabula Rasen". Es blieb nur noch eine eingezäunte leere Fläche. Dumm gelaufen - das Schicksal öffentlicher Kunst.
Und Jeff Koons pralle Hunde? Die haben den Schaden doch geradezu provoziert! Aber als ein Balloon Dog von ihm in einer Ausstellung in Miami von einer Besucherin angestubst wurde, herunterfiel und in tausend bläulich schimmernde Scherben zersprang, hatte das Ganze doch ein Gutes. Denn selbst die Scherben sollen Kaufinteressenten gefunden haben. Na, bitte! Gute Kunst ist manchmal eben unkaputtbar.
Das war Kunst, jetzt ist es weg
- Seitenzahl:
- 112 Seiten
- Verlag:
- Dumont
- Veröffentlichungsdatum:
- 16.04.2024
- Bestellnummer:
- 978-3-8321-6940-4
- Preis:
- 18 €