"Alle sehen dich": Neuer Hannover-Krimi von Susanne Mischke
Der neue Fall um das ziemlich trutschig daherkommende hannoversche Ermittlerteam wird Fans sicherlich zufriedenstellen - große Krimikunst ist das aber nicht.
Es begann 2008 mit "Der Tote am Maschsee": Damit hatte Susanne Mischke den Tatort Hannover festgelegt. Und das Personal: Damals löste die Truppe rund um Hauptkommissar Bodo Völxen ihren ersten Fall. Seither tut sie es in schöner Regelmäßigkeit, Jahr für Jahr. Nun ist der neue Fall "Alle sehen dich" erschienen.
Brutaler Überfall auf eine Garten-Influencerin
Das Dutzend ist voll und Oda Kristensen weg. Mindestens ein Sabbatjahr lang, womöglich länger. Dabei war sie doch immer da, von Anfang an. Alle elf bisherigen Fälle der Hannover-Krimireihe lang, immer an der Seite von Hauptkommissar Bodo Völxen. Aber nun hat sie ihren Ausstand gegeben und Bodo Völxen einen dicken Kopf:
Hauptkommissar Bodo Völxen und seine Frau Sabine nehmen ihr spätes Frühstück auf der Terrasse ein, wobei es Völxen an diesem Samstagmorgen mit Kaffee und einem trockenen Knäckebrot noch sehr langsam angehen lässt. Mehr geht nicht. Sein Schädel brummt wie ein Bienenschwarm, und bei jeder schnellen Bewegung sticht es in seinem Kopf. Die Abschiedsfeier seiner besten Mitarbeiterin, Oda Kristensen, gestern Abend hat ihre Spuren hinterlassen, sowohl körperliche als auch seelische. Leseprobe
Bodo Völxen und seine Frau Sabine sitzen im Garten ihres alten Bauernhofs südlich von Hannover - da wird Sabine aus heiterem Himmel Zeugin einer eher skurrilen Tat: Auf ihrem Laptop sieht sie ihren Lieblings-Gartenblog im Netz, einen Videoblog - und wird plötzlich unfreiwillig Zeugin, wie dessen Protagonistin Charlotte Engelhorst, 64, beliebte Garten-Influencerin aus der Wedemark, vor laufender Kamera brutal überfallen wird.
Neuzugang im Ermittlerteam aus Hannover
Aber das ist nur der grausige Höhepunkt einer Geschichte, die schon zwei Monate - und wie wir später erfahren, eigentlich schon zwei Jahrzehnte - zuvor begonnen hat, und die Susanne Mischke nun genüsslich vor uns ausbreitet. Zunächst einmal lässt die Allgäuerin, die jahrelang in Hannover gelebt hat, das bewährte Stammpersonal des "Kommissariats für Todesdelikte und Delikte am Menschen" antreten: Völxen und Kristensen, die mütterlich-strenge Sekretärin Cebulla und die drei R: Rifkin, Raukel, Rodriguez. Alle drei Ermittler, alle drei etwas eigen. Diesmal neu: der Polizeianwärter Joris Tadden, ein "strammer, blonder Friesenjunge", wie die Kolleginnen schwärmen: "Augen so blaugrau wie die Nordsee bei Sturm".
Was hat der Ex-Mann der Videobloggerin mit dem Fall zu tun?
Es kann losgehen - zwei Monate vor Kristensens Ausstand, Völxens Brummschädel und dem Anschlag auf die Gartenfee. Da nämlich wurde der Ex-Mann der Videobloggerin, Joachim Engelhorst, 66, schwerreicher Mitgesellschafter der Privatbank "Engelhorst & Wegener" erst von seinem eigenen Vorstand geschasst und dann noch am selben Abend Opfer eines mysteriösen Autounfalls. Obwohl dessen geschiedene Ehefrau ihrem Ex eigentlich keine Träne nachweint, vertritt sie bei der Polizei, namentlich bei Bodo Völxen, vehement die These, ihr verflossener Gatte sei ermordet worden. Als kurz darauf auch noch eine frühere Schulkameradin der Bankierswitwe beim Fensterputzen aus dem Fenster und in den Tod stürzt, wiederholt sie ihren penetranten Auftritt bei der Polizei.
Völxen verzweifelt an Charlotte Engelhorst: Vermutlich hat sie den Namen der Verunglückten in den sozialen Medien gelesen, und da fiel ihr ein, dass die Frau mal mit ihr zur Schule, vielleicht sogar in eine Klasse ging, und schon spinnt sie sich die nächste Verschwörungstheorie zusammen. Sie ist verrückt. Krankhafte Egomanie. Oder sie will ihn absichtlich in den Wahnsinn treiben. Leseprobe
Oder ist da was dran? Wo ist eigentlich das frühere Au-pair-Mädchen der Engelhorsts? Hat sein Verschwinden etwa was zu sagen? Und welche Rolle spielt bei all dem Brigitte Wendel - die Frau, die aus dem Fenster stürzte?
"Alle sehen dich": Keine große Krimikunst
Akribisch und grundsolide erzählt Susanne Mischke von den sechs Ermittlern: ihre persönlichen Geschichten und den Fall, um den es geht, und der vor Jahrzehnten begann. Das ist manchmal eher weitschweifend und nicht gerade spannungsgeladen, wird Fans des ziemlich trutschig daherkommenden hannoverschen Ermittlerteams aber sicher zufriedenstellen. Große Krimikunst ist das nicht.
Alle sehen dich
- Seitenzahl:
- 352 Seiten
- Genre:
- Krimi
- Verlag:
- Piper
- Bestellnummer:
- 978-3-492-06372-2
- Preis:
- 16 €