"Zugvögel" von Monisha Rajesh: Vom Zugfahren und Träumen
Von großen Reisen träumen vermutlich viele in dieser Zeit. Mit dem richtigen Buch kann auch das Träumen Spaß machen. Warum also nicht einfach in den Zug steigen - mit "Zugvögel" von Monisha Rajesh?
Sie fahren Tag und Nacht - bummeln, rasen, gleiten über Schienen oder schweben in aberwitziger Geschwindigkeit mit Hilfe von Magneten darüber. Die britische Journalistin Monisha Rajesh ist mit Zügen der verschiedensten Art um die Welt gereist:
In sieben Monaten und auf über 70 000 Kilometern erlebte ich, dass Menschen überall und immer auf Züge angewiesen sein werden, egal wie alt und ramponiert die Waggons, wie abgelegen die Strecken auch sein mögen. Auf einer Landkarte sieht man die Adern, die sich über ganze Länder bis in die entlegensten Winkel verästeln. Leseprobe
Monisha Rajesh: Im Zug durch Indien, Vietnam und Nordkorea
Von Dampfloks werden die Waggons nur noch selten gezogen - Züge haben heute einen anderen Sound. Wer viele Stunden gefahren ist, spürt ihn im ganzen Körper. Monisha Rajesh ist oft viele Stunden gefahren: zwölf Stunden von Mumbai nach Margao, immer entlang der indischen Südwestküste, 35 Stunden gar von Hanoi nach Ho-Chi-Minh-Stadt, quer durch Vietnam, sechs Tage von Moskau nach Peking, zehn Tage durch Nordkorea. Möglich war Letzteres nur mit einer geführten Zugtour, für die besondere Regeln gelten:
Man muss bereit sein, die Vorschriften fürs Fotografieren und für politische Unterhaltungen mit den Reiseführern zu befolgen und sich vor Denkmälern der Landesführer zu verneigen. (...) Besucher erhalten einen Blumenstrauß, der diesen zu Füßen zu legen ist (...) Auf Fotos der Statuen muss deren Körper vollständig zu sehen sein. Leseprobe
Von Bento-Box bis Luxusmenü: Speisewagen weltweit
Die Fotos zeigen einen Zug mit grüner Lok, der sich durch sanfte Hügel windet, einen Reisbauern mit seinem Ochsen, beide knöcheltief im Wasser und: Kimchi, Spiegelei, gedünstetes Fleisch, angerichtet auf hellen Tellern. "Der Geschmack von Zugreisen" ist der Autorin wichtig. Sie hat vieles ausprobiert: von der japanischen Lunchbox bis zum mehrgängigen Luxusmenü, beispielsweise im Orient-Express.
Hier, verrät Monisha Rajesh, wird ohne Öl und ohne zu braten gekocht, um Brände zu vermeiden. Die Waggons bestehen aus 60 verschiedenen Holzarten. Das spiegelt die Einrichtung, der Blick ins Schlafabteil macht beinahe neidisch. Mit etlichen solcher Luxuszüge ist die Journalistin gefahren: Luxushotels auf Rädern. Im "Golden Eagle" entlang der alten Seidenstraße gibt es in der Gold Class sogar Fußbodenheizung. Hier ist eindeutig der Weg das Ziel. Fast zu jeder Route gibt es Bilder von Zügen, die durch atemberaubende Landschaften fahren. Durchs schottische Hochland, den brasilianischen Regenwald, das norwegische Romsdal.
Der Fluss Rauma bahnt sich seinen Weg über Felsen und schäumt, als sei er voller Seife. Cremefarbene Sandbänke ragen aus dem türkisen Wasser, in dem einsame Lachsfischer knietief in den Strudeln stehen. Leseprobe
"Zugvögel": Insidertipps und Highlights
Auch die berühmte Strecke von Seattle nach Los Angeles entlang der amerikanischen Pazifikküste darf nicht fehlen, doch wird sie nur kurz erwähnt. Andere, unbekanntere Routen beschreibt die Autorin ausführlicher, verweist dann außerdem auf Highlights oder gibt Tipps unter der Überschrift: "unbedingt machen". Dazu gehören zum Beispiel Hinweise wie sich für die beste Aussicht "einen Platz auf der rechten Zugseite sichern" oder "ausreichend trinken, um der Höhenkrankheit vorzubeugen". Letzteres gilt für die Fahrt mit dem Andenexplorer. Dieser Luxusnachtzug dürfte aber wie der Orient-Express manches Budget sprengen. "Zugvögel" wirbt ungeniert fürs Zugfahren in jeder Preisklasse, ordnet aber auch ein und erzählt begeistert von den vielen Begegnungen. Aus Mitreisenden, sagt Monisha Rajesh, können Freunde werden. Diese Freude der Autorin ist ansteckend und die Lust auf die nächste Zugreise wächst. Die sollte aber unbedingt in die Weite, in die Ferne führen. Und nicht nur von Hannover nach Hamburg.
Zugvögel. Reisen mit der Eisenbahn auf den schönsten Strecken der Welt
- Seitenzahl:
- 288 Seiten
- Zusatzinfo:
- Verlag:
- Die Gestalten Verlag
- Bestellnummer:
- 978-3-96704-034-0
- Preis:
- 39,90 €