Swetlana Tichanowskaja eröffnet "Tage des Exils" in Hamburg
Die belarussische Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja hat am Dienstagabend die "Tage des Exils" in Hamburg eröffnet. Die Veranstaltungsreihe will vermitteln will, wie sich Menschen im Zustand der Heimatlosigkeit fühlen.
Bereits zum fünften Mal finden die Tage des Exils statt. Es ist ein Jubiläum, bei dem man nachdenklich wird angesichts des Zustands der Welt, in dem Flucht und Verlust der Heimat keineswegs historisch, sondern zunehmend gegenwärtig sind, wie die Moderatorin des Abends, Christine Gerberding, im Körber Forum feststellt: "Exil ist immer erzwungen. Es waren noch nie so viele Menschen auf der Flucht wie in diesen Tagen, in der uns ein Krieg im Osten Europas in Atem hält."
Swetlana Tichanowskaja: Aus dem Exil in Litauen zugeschaltet
Das, was Exil in dieser Zeit bedeutet, berichtet Swetlana Tichanowskaja von Litauen aus, wo sie als prominenteste Vertreterin der belarussischen Exilregierung vorsteht und sich gleichzeitig als eine unter vielen Leidensgenossinnen sieht: "Ich bin nur eine von hunderttausenden Belarussen, die seit den gestohlenen Wahlen von 2020 gezwungen waren, das Land zu verlassen." Das Charisma, das von der Oppositionsführerin ausgeht, war sogar noch in dieser gut einstündigen Videokonferenz spürbar. Wer wollte, konnte sich die Übersetzung über Kopfhörer zuspielen lassen.
"Keiner von uns wollte fliehen"
"Viele versuchten, so lange wie möglich zu bleiben, bis eines Tages der KGB an ihre Tür klopfte", berichtet Tichanowskaja. "Keiner von uns wollte aus dem Land fliehen, das wir so sehr lieben und wertschätzen. In vielerlei Hinsicht intensiviert sich diese Liebe, wenn man weit weg von zu Hause ist. Und es ist diese Liebe, die unsere Entschlossenheit antreibt, unsere Kultur am Leben zu halten, selbst wenn der Diktator in der Heimat versucht, sie zu zerstören."
Der Ton war gesetzt an diesem Abend. Und manches war vielen im Publikum sicher nicht bekannt, etwa, als Tichanowskaja von dem wohl tiefsten Zerwürfnis zwischen den Nachbarländern berichtet: Als nämlich die Belarussen für die Ukraine zur Kriegspartei wurden. Dabei ist Tichanowskaja wichtig, die Rolle der Partisanen in Belarus hervorzuheben. Denn die begannen, Eisenbahnlinien zu sabotieren, um die Nachschubwege der russischen Armee in Belarus zu unterbrechen.
"Tage des Exils" in Hamburg: 50 Veranstaltungen bis zum 12. Mai
Ohne ein freies Belarus, so Tichanowskaja, wird es keinen Frieden in der Region geben. Diese Botschaft war ihr hörbar die wichtigste. Noch mehr Eindruck machte aber ihre persönliche Situation. "Was mich besonders beeindruckt hat, ist, dass sie offenbar die Wahl gewonnen hat und Lukaschenko einfach weiter regiert wie bisher", erzählt eine Frau aus dem Publikum. "Dazu noch die Hoffnungslosigkeit, den Mann im Gefängnis zu haben - das finde ich furchtbar bewegend."
Die "Tage des Exils" sind noch bis zum 12. Mai in Hamburg zu erleben. NDR Kultur ist Medienpartner der von der Körber-Stiftung und der Herbert und Elsbeth Weichmann-Stiftung initiierten Veranstaltungsreihe. Im üppigen Programmheft (hier als pdf) sind 50 Veranstaltungen in Hamburg aufgelistet.