Manga&Co: Joachim Kaps im Gespräch über ein unterschätztes Medium
Joachim Kaps verfolgt die Szene nicht nur seit Jahren, als Verleger des Hamburger Manga-Verlags altraverse gestaltet er sie maßgeblich mit. In diesen Tagen findet in Hamburg das Comic-Festival statt, in der kommenden Woche die Messe Polaris.
Comics galten früher eher als minderwertiger Schmuddelkram. Das ändert sich seit Jahren. Insbesondere die japanische Variante "Manga" feiert große Erfolge. Mittlerweile ist jedes zehnte Buch, das im Bereich Belletristik über den Ladentisch geht, ein Manga.
Was haben die, die sich noch nicht mit Comics im Allgemeinen und Mangas im Speziellen beschäftigt haben, bisher in ihrem Leben verpasst?
Joachim Kaps: Ich bin generell der Meinung, dass eine Woche ohne Comic oder Manga eine vergeudete Woche ist. Ich glaube, ein bisschen was an Bildergeschichten sollte man sich immer zwischendurch zuführen. Gerade in den letzten Jahren hat man verpasst, dass beide Formen ein bisschen mehr in der Mitte der Gesellschaft - wo immer die denn ist, wir suchen ja gerade alle nach ihr - angekommen sind. Es war ein bisschen die Folge von Corona und vielen anderen Phänomen, wo die Menschen ein bisschen mehr Zeit zu Hause zugebracht haben. Sehr viele haben festgestellt, dass das Spaß machen kann, sich mit Bildergeschichten jedweder Form auseinanderzusetzen.
Was macht den unglaublichen Erfolg von Manga aus?
Kaps: Manga ist generell ein Phänomen, das nur aus dem einzelnen Buch heraus überhaupt nicht zu verstehen ist, auch in Japan. Manga ist immer Teil eines Ganzen - wenn man das böse formulieren will - einer besonders geschickt gebauten Vermarktungsindustrie. Diese Schnittstellen zwischen Manga, Animation und Merchandise sind in keinem Comic-Markt der Welt so perfektioniert entwickelt worden wie in Japan.
Das ist auch einer der vielen Gründe dafür, warum vor 30 Jahren plötzlich alles umkippte und man das Gefühl hatte, Manga erobert jetzt alle Comic-Welten - und die armen Recken meiner Jugend können gar nichts mehr dagegen tun. Das stimmt so auch nicht. Aber manche haben das so empfunden, weil zur gleichen Zeit nahezu überall auf der Welt das passiert ist, was in Deutschland passiert ist: dass die verkauften Comics im Buchhandel sehr schnell sehr stark von Manga dominiert wurden, als das Ganze seinen Anfang nahm.
Wo sehen Sie die Chancen dieser Begeisterung für Manga, vielleicht sogar für unsere Gesellschaft?
Kaps: Ich sehe da wirklich eine Menge positiver Dinge. Jetzt will ich umgekehrt nicht den Fehler machen, das zu überhöhen. Ich staune immer wieder aufs Neue, was für eine friedfertige, tolerante, rücksichtsvolle Szene Manga- und Anime-Fans sind. Das finde ich ganz spannend. Wenn wir vom Lernen reden und wenn ich das gar nicht überhöhen will, sondern wenn ich mich erst mal darüber wundern darf, dass eine so junge Zielgruppe offensichtlich so viel besser erzogen ist als viele Menschen, die mir an meinem Alltag begegnen, dann scheint das Mangalesen - zumindest formal - nicht ganz so schlimm zu sein.
Das ausführliche Gespräch hören in "Das Gespräch". Es führte Mathias Heller.