Ljudmila Ulitzkaja mit Remarque-Friedenspreis ausgezeichnet
Unter dem Titel "Die Erinnerung nicht vergessen" ist in Osnabrück der Erich Maria Remarque-Friedenspreis verliehen worden. Erhalten hat ihn die russische Exil-Autorin Ljudmila Ulitzkaja. Nicht anwesend war der ebenfalls ausgezeichnete ukrainische Zeichner Serhiy Maidukov.
In ihren Büchern schildert Ljudmila Ulitzkaja die Repressionen in der Sowjetunion, aber auch im heutigen Russland. Sie positioniert sich klar gegen das Putin-Regime und den Angriffskrieg in der Ukraine. Das passt gut zum berühmten Anti-Kriegs-Schriftsteller Remarque, nach dem der Preis benannt ist.
Stolz und dankbar lächelnd hält Ljudmila Ulitzkajja ihre Urkunde in den Händen. Schlicht gehalten im A4-Format. Übergeben wurde der Preis von Osnabrücks Oberbürgermeisterin Katharina Pötter. Sie verliest die Begründung: "Eine der russischen Stimmen des Friedens ist die von Ljudmila Ulitzkaja. Für ihre kritische Haltung gegenüber dem damaligen sowjetischen und heutigen russischen Regime, die sie in Romanen und Erzählungen ausdrückt, zeichnet die Stadt Osnabrück die Schriftstellerin mit dem Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis 2023 aus. Herzlichen Glückwunsch."
Remarque für Ulitzkaja erste Berührung mit dem Westen
Der Preis, übergeben in der Osnabrücker Stadthalle, ist mit 25.000 Euro dotiert. Er hat für die Autorin eine ganz besondere Bedeutung, wie sie schon vor dem Festakt erzählt hat. "Als ich erfuhr, dass mir dieser Preis verliehen wird, musste ich sofort an meine Jugend denken. Denn Remarque war einer der ersten westlichen Autoren, die bei uns veröffentlicht wurden, und wir haben den verschlungen. Seine Bücher haben uns eine Vorstellung offenbart vom Menschen im Westen, vom Leben im Westen. Das war die erste Berührung mit dieser westlichen Kultur", erzählt Ulitzjaka.
Serhiy Maidukov möchte nicht mit Russin auf der Bühne stehen
Neben dem Hauptpreis vergibt die Jury den Sonderpreis an den ukrainischen Zeichner Serhiy Maidukov. In buntem Stil bringt er den Kriegsalltag in der Ukraine aufs Papier. Nach Osnabrück kommen und sich auf eine Bühne mit einer Russin stellen, das wollte er nicht. Die russische Hauptpreisträgerin kann das verstehen. "Ich bedauere es natürlich und hoffe, dass es ihm gut geht und dass er doch noch in der Lage sein wird, diesen Preis hier zu empfangen. Ich hätte mich gefreut, hier zusammen mit ihm zu stehen", erklärt Ulitzkaja.
Preise an Russin und Ukrainer als Zeichen des Friedens
Das war eigentlich der Plan der Jury. Damit wollte sie ein Zeichen des Friedens senden. Jurymitglied und Oberbürgermeisterin Pötter steht zu der Entscheidung für die Russin. Das sei ein wichtiges Signal. "Die Kollektivschuld aller Russen gibt es nicht. Sondern das ist ein fürchterlicher Krieg, der durch Russland geführt wird, aber nicht durch alle Russinnen und Russen - und schon gar nicht durch Frau Ulitzkaja, die sich stets dagegen gestellt hat und heute sogar in ihrem eigenen Land verfolgt wird", sagt Pötter.
Ausstellung über Remarques Exil im Friedenszentrum
Ein Schicksal, dass die Schriftstellerin Ulitzkaja mit dem Namensgeber des Preises teilt. Remarque lebte während der Nazizeit im Exil in der Schweiz und in den USA. Dem widmet sich eine Ausstellung, die am Tag zuvor im Remarque-Friedenszentrum in Osnabrück eröffnet wurde. Sie thematisiert die vielen Kontakte, die Remarque zu anderen Künstlern knüpfte, erklärt Kuratorin Claudia Junk. "Er hat sich Netzwerken angeschlossen oder sich Netzwerken bedient, um Kunst zu retten oder Menschen zu retten. Heutzutage schließen sich auch wieder Menschen in Netzwerken zusammen, um entweder direkt zu helfen, also zu retten, oder aber durch ihre Kunst, ihre Kultur, ihre Literatur darauf hinzuweisen, dass wir Netzwerke bilden müssen, um eben auch den Frieden wiederherzustellen."
Remarques Geburtstag hat sich gestern zum 125. Mal gejährt. Preisträgerin Ulitzkajja ist 80 Jahre alt. Sie lebt seit gut einem Jahr im Exil in Berlin. Dazu liest ihre Übersetzerin aus Ulitzkajas neuestem Buch: "Ich habe nur noch eine Hoffnung und einen Traum: Ich möchte das Ende dieses Kriegsirrsinns noch erleben und zurückkehren nach Moskau. In meine Wohnung, in die gewohnte und geliebte Welt, in der ich mich am rechten Ort fühle."