Jana Heinicke: "Hätte gerne vieles vor der Schwangerschaft gewusst"
Mutterschaft gilt noch immer als das größte Glück und die wahre Erfüllung im Leben einer Frau. Als die Autorin Jana Heinicke Mutter wird, ist einiges anders als in ihrer Vorstellung. Darüber hat sie das Buch "Aus dem Bauch heraus" geschrieben.
In dem Buch geht es um viele Fragen: Woher kommt die Vorstellung der allzeit glücklichen Mutter? Welche Erwartungen, Ängste und Zweifel schürt dieser Mythos? Wie wirkt er sich ganz konkret auf Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett aus? Wer profitiert davon? Und wieso geht es in Mutterschaftsratgebern eigentlich nie um die Mutter, sondern immer nur ums Kind?
Hallo Jana, stellen Sie sich doch mal vor: Wer sind Sie?
Jana Heinicke: Ja, wer bin ich eigentlich? Spannende Frage. Die beschäftigt mich seit ein paar Wochen auch wieder mehr. Ich bin vor vier Jahren Mutter geworden. So langsam bricht wieder eine Zeit an, in der neben der Mutterrolle wieder Platz für andere Dinge frei wird. Ich habe mich aber sehr verändert, auch durch die Erfahrung des Mutterwerdens. Und hinzu kommt, dass ich vor ein paar Tagen tatsächlich mal eine Art Diagnose bekommen habe und dadurch auch noch mal ganz anders auf mein bisheriges Leben schaue. Auf mich, aber auch auf die Zukunft. Also: keine Ahnung. Ich bin dabei, es herauszufinden.
Ihr Buch "Aus dem Bauch heraus" ist ein Bestseller geworden und viele schreiben, dass sie beim Lesen wütend wurden, weil sie Ähnliches erleben. An welchen Stellen waren Sie beim Schreiben wütend?
Heinicke: Ich glaube, ich war die ganze Zeit über wütend. Ich bin ja mit bestimmten What-the-Fucks und Fragen, ganz konkreten Fragen, reingegangen in die Recherche, aber während des Prozesses kamen gefühlt immer mehr What-the-Fucks und Fragen hinzu. Also wie so ein Drachen, dem man einen Kopf abschlägt und es wachsen drei neue nach. Das hat mich schon ziemlich wütend gemacht. Oft auch sehr traurig. Oft habe ich auch geweint und auch an vielen Stellen gelacht. Aber der Grundtenor war schon Wut.
Was hätten Sie gerne gewusst, bevor Sie Mutter wurden?
Heinicke: Ich glaube, dass ich tatsächlich all die Dinge, die ich in meinem Buch geschrieben habe, gerne gewusst hätte, bevor ich Mutter wurde. Bestimmte Sachen waren zumindest im deutschsprachigen Raum noch gar nicht bekannt, wie zum Beispiel, dass es eine Phase gibt, in der sich Menschen, die durch Schwangerschaft und Geburt gehen, einfach komplett verändern. Auch das Gehirn verändert sich und das finde ich eine krasse Info. Ich hätte gerne weniger über Schwangerschaftsstreifen und Still-Brüste gelesen und mehr darüber, dass sich mein Gehirn verändert, wenn ich ein Kind bekomme. Das hätte ich relevanter gefunden.
Sie haben Literarisches Schreiben studiert - wussten Sie schon während des Studiums, welche Texte Sie veröffentlichen wollen?
Heinicke: Während des Studiums dachte ich, dass meine erste Buchveröffentlichung ein Roman sein würde. So ist es nicht gekommen. Ich habe bisher drei Kinderbücher geschrieben und ein Sachbuch. Das heißt: Nein, ich wusste nicht, was ich veröffentlichen würde, aber ich bin ziemlich zuversichtlich, dass ich den Roman noch schreiben werde.
Haben Sie einen Tipp für junge Eltern, die gerne wieder mehr lesen wollen?
Heinicke: Oh Gott, welche Richtung? Blogartikel, Romane, Sachbücher, Bücher? Es gibt so viel. Ich hatte tatsächlich wieder Bock, mehr Romane zu lesen, als ich wieder etwas mehr Zeit hatte. Zwei Bücher, die mich richtig gefesselt haben, die richtig gut gefallen haben, sind auf jeden Fall "22 Bahnen" von Caroline Wahl und "Manchmal fliegen" von Sophia Hungerhoff.
Sie schreiben auch Kinderbücher. Was gefällt Ihnen daran?
Heinicke: Ach, Kinderbücher sind toll. Wenn ich in Buchläden gehe und für mich Bücher suche, gehe ich oft sehr intensiv schauend an der Bilderbuchabteilung vorbei. Und das hat wirklich rein gar nichts mit meinem Kind zu tun. Ich liebe den Blick in Kinderbüchern und die Sprache und es hat so eine ganz eigene Magie für mich. Und ich liebe auch die Magie, die entsteht, wenn Text und Bild so zusammenkommen. Das finde ich schon auch einfach toll.
Das Interview führte Nina Englert.