Fritz Reuter in Neubrandenburg: Historisches Fotobuch wiederentdeckt
Seine Zeit in Neubrandenburg bezeichnete Fritz Reuter einst als "die glücklichsten Jahre" seines Lebens. Der Abschied fiel ihm schwer, wurde aber versüßt. Mit einem ganz besonderen Geschenk. Das galt lange als verschollen, konnte nun aber rekonstruiert werden.
Der Abschied war pompös. "Der in den weitesten Kreisen bekannte und überall beliebte Dichter Fritz Reuter, welcher eine Reihe von Jahren unter uns gelebt hat, ist gestern von uns geschieden, um nach Eisenach überzusiedeln", berichtete der in Neubrandenburg erscheinende "Allgemeine Mecklenburgische Anzeiger" im Juni 1863. Männer-Turnverein, Liederkranz und die Schüler der örtlichen Lehranstalten organisieren einen Fackelzug durch die Stadt - "bis vor die Wohnung des Gefeierten, welche Tausende Menschen umstanden. Dort stimmte der Sängerchor ein Lied an."
Zweitägige Abschiedsfeier für Reuter

Neubrandenburg und Fritz Reuter - sie wussten, was sie aneinander hatten. "Die große schriftstellerische Tätigkeit von Reuter hat im Grunde in Neubrandenburg Fahrt aufgenommen. Durch die Zusammenarbeit mit Hinstorff beginnt dann auch der Rubel zu rollen", sagt der Historiker und Reuter-Kenner Peter Starsy.
Werke wie "Kein Hüsung" und "Ut mine Festungstid" entstehen in der Vier-Tore-Stadt. Sie machen Fritz Reuter berühmt - weit über Mecklenburg hinaus. Die Lebewohl-Feiern in Neubrandenburg dauern zwei Tage: "Trotz des strömenden Regens hatte sich eine große Zahl von Freunden des Dichters beim Posthause eingefunden. Bengalische Flammen wurden abgebrannt, der geübteste Postillion schmetterte seine Signale", so der "Allgemeine Mecklenburgische Anzeiger".
Am zweiten Jubel-Tag bekommt Reuter ein Abschiedsgeschenk von "seinen" Neubrandenburgern. "Der Scheidende erhielt durch eine Deputation ein wertvolles Album mit 100 Namen und Photographien der Geber", heißt es in dem Zeitungsbericht. Dieses Fotoalbum wurde nun - mehr als 160 Jahre später - im Eisenacher Reuter-Museum wiederentdeckt und als Broschüre herausgegeben.
Überraschungsfund in Eisenach
Dass es Neubrandenburger Fotos im Eisenacher Archiv gab, war bekannt. Aber: "Es war eine große Überraschung, dass, als ich in Eisenach war und mir eigentlich die Fotos angucken wollte, mir eine Museumsmitarbeiterin mitteilte, dass es auch ein Album gebe und mir dieses wenige Augenblicke später auf den Tisch legte", erzählt Peter Starsy, der das nun nachgedruckte Fotoalbum mit einem einleitenden Text herausgegeben hat. "Das Album, in dem ich dann blättern konnte, besteht heute nur noch aus wenigen Einzelseiten. Ungefähr ein Drittel des ursprünglich vorhandenen Albums ist heute noch erhalten."
Personenlexikon half bei Deteltivarbeit
Mit Unterstützung des 'Förderverein Reuter-Museen' und der Stiftung Mecklenburg hat der Historiker das Album rekonstruiert und recherchiert, wer auf den Bildern zu sehen ist. Es sind Freunde, Bekannte und höher gestellte Einwohner. "Das war ein bisschen Detektivarbeit und es kam uns dabei sehr zugute, dass wir unlängst ein Personenlexikon für Neubrandenburg gemacht haben, mit mehr als 1.400 Biogrammen."
Anhand des historischen Inhaltsverzeichnisses im Reuter-Album wurden - wo möglich - fehlende Fotos ergänzt. Vor allem aus dem Archiv des Neubrandenburger Regionalmuseums.
Wichtiges Zeugnis für die Fotogeschichte
Doch eine wichtige Frage bleibt ungeklärt: Wie kam es zum Album? Ein Überraschungs- oder ein Wunschgeschenk? "Wir haben eine einzige Zeitzeugenüberlieferung, die davon berichtet, dass Reuter auch in Neubrandenburg Mitbürger um ein Foto als Erinnerung angesprochen hat."
Auf jeden Fall sei der Schriftsteller ein echter Foto-Fan gewesen, sagt Peter Starsy. Briefe zeigten, dass Reuter in den späten 1850er-Jahren Feuer gefangen habe für dieses damals noch sehr moderne Medium-Fotografie: Das nun rekonstruierte Fotoalbum ein Glücksfall für Neubrandenburg und zugleich ein wichtiges Zeugnis für die frühe Fotogeschichte Mecklenburgs.
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