Daniel E. Palu: Neuer Stadtschreiber in Otterndorf
Der Hamburger Krimiautor Daniel E. Palu ist 2023 neuer Stadtschreiber in Otterndorf. Der Autor freut sich über einen neuen Umgang mit Kriminalliteratur.
Was braucht ein Autor zum Schreiben? Wenn die Antwort lautet: ein 30 qm großes lichtdurchflutetes Wohn- und Arbeitszimmer im Erdgeschoss, Küche und Bad im Keller und das alles in einem klassizistischen Gartenhaus an der Elbmündung in Niedersachsen - dann kann man Großes erwarten in diesem Sommer von dem Autor Daniel E. Palu. Er ist nämlich Otterndorfer Stadtschreiber 2023.
Krimis oft als "Unterhaltung" abgewertet
Als die Stadtschreiber-Finalisten sich in der vergangenen Woche in Otterndorf vor dem Kulturausschuss vorstellen mussten, da traf Daniel E. Palu zufällig einen anderen Autor im 7000-Seelen-Ort: ein Mitbewerber, dessen Bücher er alle gelesen hatte und toll fand, der in einem ziemlich renommierten Verlag publiziert. Die Hoffnung auf einen Sommer in Otterndorf schwand sofort und er dachte: "Ich kann einpacken, das wird eh nichts! Sich dann gegen so jemanden, zu dem man aufschaut, durchgesetzt zu haben, das hat mich gefreut und hat mir gezeigt, dass vielleicht auch ein kleiner Wandel in Deutschland stattfindet."
Denn der Hamburger ist Krimiautor. Und gehört damit in die Abteilung "Unterhaltung". Autorinnen und Autoren aus dieser Schublade werden in Deutschland selten für Literaturpreise oder Literaturstipendien ausgewählt. "In Großbritannien kann ein gut konstruierter und gut geschriebener Thriller auch schon mal einen bedeutenden Literaturpreis bekommen, das ist, glaube ich, in Deutschland undenkbar", erzählt Palu.
Palus Krimis: Intensive Recherche und reale Hintergründe
Das Alte Land war bisher die Bühne für seine Krimis. "Tod im Alten Land" und "Mord zur Apfelblüte" heißen sie. Aber auf eine etwaige "Bluttat bei der Obsternte" müssen seine Leser nun ein bisschen warten, denn er hat einen neuen Kommissar erfunden und der ermittelt an der Nordsee. Damit hat er sich für das Otterndorfer Literaturstipendium beworben. Die Otterndorfer mit krimineller Vergangenheit könnten jetzt ein bisschen zittern, denn Daniel E. Palu recherchiert intensiv und seine Kriminalromane haben einen realen Hintergrund.
"Die Otterndorfer können ganz beruhigt sein, ich werde keine Verbrechen dort stattfinden lassen, ich werde dort auch keine Geheimnisse, die unter den Teppich gekehrt wurden rausholen", sagt Palu. "Ich werde die Zeit intensiv nutzen, um zu schreiben, allein das zu sehen, was meine Protagonisten sehen oder den Wind zu spüren, den meine Protagonisten spüren. Das sind Eindrücke aus erster Hand, auf die ich mich total freue. Der Wink des Himmels, so hab ich es empfunden, ist, dass das Stipendium bis 30. September geht und am 1. Oktober die Manuskriptabgabe für mein neues Buch ist", freut sich der Autor.
Autorenalltag: Fern von finanzieller Sorglosigkeit
Und auch wenn die Zeit ihm im Nacken sitzt: Fünf Monate nur schreiben zu dürfen, ist für ihn ein Privileg. Normalerweise ist sein Alltag zweigeteilt: Vormittags sitzt der Journalist am Schreibtisch, nachmittags der Krimiautor. Und der Autorenalltag ist fern von finanzieller Sorglosigkeit.
"Stadtschreiberinnen und Literaturstipendien sind für Autorinnen und Autoren so wichtig, wenn man bedenkt, dass jeder Autor mit seinem Buch im Durchschnitt 3.000 Exemplare verkauft - und zwar nicht pro Jahr, sondern über den Abschnitt von drei Jahren", erklärt Palu. "Wenn man jetzt noch bedenkt, dass man im Schnitt fünf bis sieben Prozent von einem Taschenbuch bekommt, dann liegen wir in einem Bereich von 50 Cent bis zu einem Euro. Davon gehen dann auch noch 15 Prozent für die Agentin ab. Da kann man sich ungefähr vorstellen, dass der allergrößte Teil der Autoren in Deutschland nur Bücher schreiben kann, wenn er oder sie nebenbei Vollzeit arbeitet."
Daniel E. Palu heißt eigentlich Daniele Palu
Ein Schreibsommer im Gartenhaus am Süderwall und monatlich 1.200 Euro erwarten Daniel E. Palu, der eigentlich Daniele Palu heißt. Diese kleine Namenskorrektur erwuchs aus jahrelangen Erfahrungen in deutschen Wartezimmern. "Es wird immer Frau Palu ausgerufen. Immer stehe ich auf und werde von allen anderen Leuten angeguckt, die dann versuchen zu ergründen, warum denn dieser Damenbart so stark ausgeprägt ist. Dann hatte ich als Autor endlich die Möglichkeit, mir eine neue Identität zu schaffen", erklärt Palu.
Aber seine italienischen Wurzeln, die sind natürlich noch da und könnten es ihm eventuell doch ein bisschen schwer machen in Otterndorf: "Der Frage, wie gut der Kaffee in Otterndorf ist, der werd ich dann vor Ort nachgehen müssen. Seitdem bekannt wurde, dass ich Stadtschreiber in Otterndorf werde, haben mir so viele aus Cuxhaven und aus der Region Nachrichten bei Instagram und Facebook geschickt und gesagt: Freu dich darauf, es gibt so viel guten Tee! Vielleicht werde ich aus Mangel an Alternativen dann doch zum Teetrinker werden. Wobei, dem Kaffee gehört dann doch mein Herz!"